Drei Jahre Haft oder Bewährung?
Letzte Worte des Angeklagten: "Ich bin kein schlechter Mensch, es tut mir leid!"
Archivfotos: O|N
24.02.2022 / FULDA -
Unterschiedlicher hätten die Plädoyers kaum ausfallen können: Vor der Jugendkammer am Landgericht in Fulda fordern sowohl die Staatsanwaltschaft wie auch die Nebenklage eine Freiheitsstrafe von drei Jahren für den 19-jährigen Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung. Verteidiger Jörg-Thomas Reinhard plädiert hingegen für eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren für seinen Mandanten.
Nach einer Messerattacke im Fuldaer Schlosspark im September vergangenen Jahres hat am Mittwoch der vorletzte Verhandlungstag begonnen. Dabei waren sich alle Anwesenden einig: Der 19-Jährige hatte in den Abendstunden des 27. Septembers 2021 im Fuldaer Schlosspark seinen ehemaligen Kumpel (18) von hinten angesprochen und unvermittelt mit zwei Messerstichen verletzt. Das Opfer musste am kommenden Tag notoperiert werden. Aber über das Motiv und seinen Geisteszustand unterschieden sich die Einschätzungen.
Oberstaatsanwältin Dr. Christine Seban hatte zunächst versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung angeklagt, dies aber in ihrem Plädoyer modifiziert. Der Angeklagte habe zwar heimtückisch und mit Tötungsvorsatz gehandelt, sei davon aber noch strafbefreiend zurückgetreten, so dass lediglich eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung in Frage komme. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft ist der junge Mann voll schuldfähig.
Opfer lebensgefährlich verletzt
Mit der zehn Zentimeter langen Messerklinge durchschnitt er T-Shirt, Pullover und Lederjacke des Opfers. Der Angeklagte hatte bei seiner Vernehmung behauptet, er habe ihn nicht töten, sondern "nur wehtun wollen". "Das ist eine reine Schutzbehauptung. Wenn er ihm wirklich nur wehtun wollte, wieso kam es dann zum zweiten Stich? Meiner Meinung nach hat er den Tod des Opfers billigend in Kauf genommen."Das Opfer verlor insgesamt fast zwei Liter Blut und konnte nur durch eine Notoperation am Folgetag überleben. "Andernfalls wäre er verblutet oder erstickt." Die Staatsanwaltschaft plädierte des Weiteren auf Heimtücke, da "der Geschädigte zum Tatzeitpunkt wehrlos war". Der Angeklagte mache nicht den Eindruck, dass er die Tat glaubhaft bereut. Das Opfer hingegen habe bis heute mit psychischen Beeinträchtigungen, Narben und Taubheitsgefühlen, zu kämpfen.
"Ich will mein Leben ändern!"
Zum Abschluss durfte der Angeklagte selbst das Wort ergreifen: "Es war nie meine Absicht, ihn lebensgefährlich zu verletzen und ich bin froh, dass er noch lebt." Er habe sich in einer ausweglosen Lage befunden. "Ich war süchtig nach Alkohol, hatte keine Ziele und keine Perspektiven. Ich wollte nicht mehr leben." Nun verspüre er wieder eine Liebe zu seinen Eltern und sei dankbar dafür, dass sie hinter ihm stehen. "Ich bitte alle hier um Entschuldigung! Ich werde mein Leben vollständig ändern und bin bereits dabei."Das Urteil wird am kommenden Montag (28. Februar) um 9 Uhr erwartet. (nb) +++