34.000 Euro eines 90-Jährigen "verschwunden"
Zurückgetretener Bürgermeister wegen Veruntreuung verurteilt
O|N-Archivfoto:Carina Jirsch
25.02.2022 / FULDA -
Wegen Veruntreuung von 34.000 Euro, die rechtmäßig einem 90-jährigen Demenzkranken aus Petersberg bei Fulda gehörten, musste sich der Ex-Bürgermeister von Kalbach kürzlich als Angeklagter vor dem Amtsgericht Fulda verantworten. Wie die Bild-Zeitung aktuell berichtet, soll er als Bevollmächtigter des Rentners dessen Vertrauen missbraucht und dessen Geld veruntreut haben. Richter Dr. Szymon Mazur sah die Schuld des ehemaligen Rathauschefs nach der Beweisaufnahme als erwiesen an und verurteilte den 43-Jährigen zu einer anderthalbjährigen Bewährungsstrafe. Die veruntreute Summe muss er zurückzahlen.
Sechs Jahre lang war der Angeklagte parteiloser Bürgermeister der Gemeinde Kalbach (Landkreis Fulda), dann verkündete er 2020, aus gesundheitlichen Gründen für keine weitere Amtsperiode zur Verfügung zu stehen. Er wechselte im November 2020 nach Gründau (Main-Kinzig-Kreis), wo er bis heute als Chef des Ordnungsamtes (Leiter Ordnungs- und Sozialverwaltung) arbeitet.
Eines Tages meldete sich der mittlerweile verstorbene Rentner bei der Polizei, weil er 34.000 Euro vermisste. Wo das Geld geblieben ist, konnte er sich nicht erklären. Und was sagt der Angeklagte? Er habe das Geld abgehoben – im Auftrag des Rentners – und ihm regelmäßig vorbeigebracht. Seine Ehefrau und ein Freund des Angeklagten bestätigten das vor Gericht. Das Geld blieb verschwunden.
Laut Gericht überstiegen die Ausgaben des Exbürgermeisters und dessen Frau zur Tatzeit ihre Einnahmen monatlich um etwa 900 Euro. Überraschenderweise änderte sich das während und nach dem Tatzeitraum: Das Paar hob plötzlich kaum noch Geld ab. Begründung des Angeklagten: 15.000 Euro-Geschenk der Schwiegermutter. Das Geld habe das Paar bar bekommen und davon gelebt, sagten sie aus.
Zwar konnte das Gericht dem Angeklagten nicht nachweisen, dass er das Geld behalten hat, doch er habe mindestens seine Kontrollpflichten als Bevollmächtigter verletzt, urteilte Richter Dr. Szymon Mazur, der selbst auch als Betreuungsrichter fungiert. Deshalb verurteilte er den bis dato nicht vorbestraften 43-Jährigen zu eineinhalb Jahren auf Bewährung - wie von der Staatsanwaltschaft gefordert. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert. Sowohl der Staatsanwalt als auch der Rechtsanwalt des 43-Jährigen haben mittlerweile Rechtsmittel eingelegt.
Besonders dreist erscheinen die Abschiedsworte des 43-Jährigen als Bürgermeister. In einem Interview sagte er 2020: "Es gibt wohl keinen Berufstätigen, der keine Fehler macht. Das gilt natürlich auch für mich. Generell kann ich allerdings sagen, dass ich mit meinem Handeln und mit meinen Entscheidungen zufrieden bin." Kaum zu glauben, dass der 43-Jährige jetzt in einer anderen Gemeinde ausgerechnet als Chef des Ordnungsamtes seinen Mitbürgern ein Vorbild für anständiges Benehmen sein soll.
Auf unsere Bitte um Stellungnahme reagierte dieser folgendermaßen: "Gegen diese Verurteilung wurde meinerseits form- und fristgerecht am 14.02.2022 Berufung eingelegt. Die Verurteilung ist somit nicht rechtskräftig und die Vorwürfe sind unberechtigt. Ich bin mir sicher, dass die Vorwürfe in der nächsten Instanz als unbegründet erkannt werden." Weitere Erklärungen wolle er erst beim Verfahrensende abgeben. (Carla Ihle-Becker) +++