Verantwortung für zwei Leben
Der Weg zur Hebamme - "Geburten haben mich schon immer fasziniert"
Fotos: Lea Hohmann
27.02.2022 / FULDA -
Seit 2020 gilt bundesweit im Bereich der Hebammenausbildung eine neue Studienordnung - der Beruf der Hebamme wurde akademisiert. Wer in Deutschland also Hebamme werden will, muss neuerdings studieren. Davor war der Beruf der Hebamme lange ein Ausbildungsberuf. Seit 2020 bieten Hochschulen das Fach Hebammenkunde an, unter anderem auch die Hochschule Fulda. Pauline Steg und Luise Oldendorf berichten von ihren Erfahrungen.
Fünf Semester Studium hat Pauline Steg bereits hinter sich - vor ihr liegt eine Berufskarriere, die jede Menge Verantwortung mit sich bringt: Als angehende Hebamme ist sie künftig für das Leben zweier Menschen verantwortlich - eine große Aufgabe, die sie voller Mut, aber dennoch mit jeder Menge Respekt angeht. Die 21-Jährige ist für ihre Karriere von Leipzig in die Barockstadt Fulda gezogen. "Der Studiengang ist total praxisnah. Alles, was ich hier lerne, ist für mein späteres Berufsleben wichtig", so Steg. Schon seit ihrer Kindheit hat sie sich für alles rund ums Thema Geburt interessiert: "Wir hatten früher ein Buch zu Hause, was erklärte, wie sich Kinder im Fötus entwickeln. Geburten haben mich schon immer fasziniert", erinnert sie sich. In ihrer Studienzeit hat sie sich wieder Kontakte in die Heimat aufgebaut: "Es gibt dort ein Geburtshaus, in dem ich mir gut vorstellen kann, nach meinem Studium außerklinisch zu arbeiten".
"Liebe die Vielseitigkeit"
Luise Oldendorf befindet sich derzeit im dritten Semester. Die gebürtige Studentin aus Darmstadt hat sich vor gut eineinhalb Jahren entschieden, in der Barockstadt Hebammenkunde zu studieren. "Alles rund ums Thema Medizin hat mich schon immer interessiert. Der Bereich der Geburtshilfe hatte es mir jedoch besonders angetan. Dass Frauen mittlerweile bereits ab dem positiven Schwangerschaftstest eine Hebamme suchen müssen, ist wirklich heftig. Dass in diesem Bereich so ein enormer Mangel besteht, war mir vorher gar nicht so bewusst", so Oldendorf. In der geburtshilflichen Versorgung muss sich "einiges ändern"
"In den vergangenen Jahren hat das Thema Haftpflichtversicherung viele vom Hebammenberuf abgeschreckt. Das sehe ich aber heutzutage nicht mehr als allzu großes Problem. Es gibt einen sogenannten Sicherheitszuschlag, der da ganz gut Abhilfe schafft. Da hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Man kann als Hebamme, vor allem freiberuflich, mittlerweile finanziell ganz gut leben. An Nachfrage mangelt es da definitiv nicht", so Professorin Dr. Babette Müller-Rockstroh, die den Studiengang Hebammenkunde der Hochschule Fulda leitet.Wissenschaft als wichtiger Baustein
Dass der Beruf der Hebamme akademisiert wurde, befürwortet die Studiengangsleiterin. "Wissenschaft ist auch im Bereich der Hebammenkunde ein ganz wichtiger Baustein. Nur weil man jahrelang eine bestimmte geburtshilfliche Maßnahme durchgeführt hat, heißt das nicht automatisch, dass diese richtig ist und nützt. Die Wissenschaft liefert hier ganz wichtige Belege für neues Wissen und Praktiken, die man künftig in die Hebammenarbeit einbeziehen sollte. Leider werden Ergebnisse aus der Forschung im Berufsleben nicht immer anerkannt. Vor allem in hierarchischen Systemen haben angehende Hebammen es da manchmal wirklich schwer, sich mit ihren Kenntnissen evidenzbasierter Praxis durchzusetzen", so Müller-Rockstroh."Ein fruchtbarer Studiengang"
Als Hauptursache für den Hebammenmangel sieht Müller-Rockstroh die fehlende Bedarfsermittlung im Bereich der Hebammenarbeit. "Wir brauchen einen genauen Überblick, wie viele Hebammen in welcher Auslastung in welchen Bereichen tätig sind. Das würde einiges erleichtern, es kann besser geplant und Engpässe könnten langfristig optimiert werden", so die Professorin für Hebammenwissenschaft. An Nachwuchs und Interesse im Bereich der Hebammenarbeit mangle es jedoch nicht. "Der Studiengang ist sehr beliebt. Seit der Akademisierung sprießen Hochschulen, die Hebammenkunde anbieten, nahezu aus dem Boden. Dass man diesen Beruf nun studieren kann, ist in der heutigen Zeit für viele junge Menschen ein großer Anreiz".