Was passiert bei Notfalleingriffen?
Dr. Berkhoff über elektive chirurgische Eingriffe nach einer Covid-19-Infektion
Fotos: Herz-Jesu-Krankenhaus
07.02.2022 / FULDA -
Immer mehr Menschen infizieren sich durch die Omikron-Variante mit Corona. Auch geimpfte und geboosterte Menschen sind betroffen. Die Impfung verhindert zwar glücklicherweise zumeist einen schweren Verlauf und den Tod, dennoch ist ein leichter Verlauf von Covid-19 möglich. Besonders wichtig ist eine vorangegangene Covid-19 Erkrankung auch bei planbaren Operationen. Studien konnten zeigen, dass die postoperativen Komplikationen kurz nach Covid-19 deutlich höher sind, als bei Menschen, die nicht infiziert waren oder deren Erkrankung länger zurückliegt.
Wir haben mit Dr. med. Christian Berkhoff, Chefarzt der Allgemein-, Viszeral- und minimal-invasiven Chirurgie am Herz-Jesu Krankenhaus in Fulda gesprochen.
Wie beeinflusst die Pandemie die Operationen, die in einem Krankenhaus durchgeführt werden?
"Hat ein Patient einen positiven Test, finden keine geplanten Eingriffe statt. Zu einer geplanten Operation sollte der Patient wieder vollständig symptomfrei und vor allen Dingen fit sein" gibt der Experte zu bedenken. "Vor allem ältere Patienten sind anfälliger für Covid-19 und tun sich generell nach Operationen schwerer. Auch das Herz-Kreislaufsystem wird neben der Lunge durch die Entzündung im Körper belastet. Dann können eine geplante Operation und Narkose zusätzliche Schwierigkeiten machen. Ältere Patienten sind nach einer Corona-Infektion generell etwas stärker belastet und brauchen nach einer Operation oft eine längere Erholungszeit." Bei jüngeren Menschen ohne subjektive Beschwerden ist eine durchgestandene Corona-Infektion laut Dr. Berkhoff weniger problematisch.
Wie lange sollte man nach einer durchlebten Covid-19 Erkrankung Abstand zu einer elektiven Operation halten?
Der Berufsverband der Chirurgen (BDC) in Deutschland hat gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin (DGAI) dazu eine Handlungsempfehlung veröffentlicht. "Es wird empfohlen, sollte man an Covid-19 erkrankt sein, mindestens sieben Wochen Abstand zu lassen, bevor man einen Patienten operiert" fasst Dr. Berkhoff die Empfehlung zusammen. Die sieben Wochen gelten nach Infektionsbeginn und der Patient sollte ohne fortbestehende Symptome sein sowie einen entsprechenden CT-Wert vorweisen. "In Studien wurden im Zeitraum von sieben Wochen häufiger Komplikationen beobachtet. Wir sprechen uns mit unseren Patienten nach einer Infektion individuell ab und planen den Eingriff je nach Dringlichkeit und bestehender Symptomatik" beschreibt Dr. Berkhoff das Vorgehen seiner Klinik.
Macht es einen Unterschied, ob der Betroffene einen leichten oder schweren Verlauf hatte?
"Nein, denn in der Studie zeigten sich Nachteile bei allen an Covid-19 Erkrankten innerhalb der sieben Wochen- unabhängig vom Verlauf der Erkrankung. Ist ein Patient nach einer Infektion noch beeinträchtigt, treffen wir eine individuelle Entscheidung zur Operation. Unter Umständen lassen wir die Patienten vor der Operation mittels Lungenfunktion und Herzultraschall gründlich durchchecken."
Welche Probleme können sich für Patienten durch eine verschobene Operation ergeben?
Ein großes Problem, stellt Dr. Berkhoff fest, seien seit Beginn der Corona-Pandemie Patienten, die aus Angst vor dem Krankenhaus Erkrankungen verschleppen und zu spät zum Arzt gehen. "Besonders Menschen mit einer Krebserkrankung kommen oft zu spät, obwohl sich diese Problematik seit der zurückgewonnenen Sicherheit durch die Impfung entspannt hat. Krebspatienten wurden immer bevorzugt behandelt aufgrund der zeitlichen Dringlichkeit bei einer solchen Erkrankung und auch bei knappen Intensivbetten in den größeren Wellen hat man hier versucht, alles möglich zu machen" so der Chirurg. Jedoch ergeben sich auch psychische Konsequenzen. "Eine OP wird geplant, man ist aufgeregt und hat viel um den Termin herum organisiert. Wenn dann eine Operation abgesagt werden muss, ist das immer eine Belastung, sowohl für den Arzt als auch für den Patienten. Gerade zu Beginn der Pandemie wurden viele aufschiebbare, aber bereits geplante Operationen abgesagt. Man wusste bis dato einfach nicht, wie schlimm Corona die Kliniken belasten wird und hat Intensivbetten und Personal freigehalten. Diese Operationen mussten wir bis knapp in den Oktober 2021 nacharbeiten."
Was passiert bei Notfalleingriffen?
Besteht der Verdacht auf eine Infektion oder ist ein Patient positiv, wird im Notfall natürlich trotzdem operiert. Eine Operation findet dann unter maximalen Vorsichtsmaßnahmen für das Personal und Patienten statt. "Masken sind im Operationssaal Standard. Bei einem Verdachtsfall bzw. Coronafall schützen wir uns aber mit FFP3-Masken und besonderer Schutzkleidung. Außerdem wird die Luft in einem Operationssaal ständig gereinigt. Dadurch erreichen wir eine optimale Belüftung, um das Personal zu schützen. Außerdem werden Patienten mit Covid-19 für ein Intensivbett geplant, da die Erkrankung zusätzliche Probleme machen kann. Grundsätzlich ergibt sich für die Operationstechnik keine Änderung. Wir operieren nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik" fasst Dr. Berkhoff das Vorgehen im Notfall zusammen.
Wird ein Mindestabstand zu einer Coronaimpfung empfohlen?
"Für Geimpfte empfiehlt der BDC eine Woche Abstand zur Impfung. Die Impfung macht für die Operation an sich keine Probleme. Man will aber natürlich mit der Impfung eine gute Immunantwort erzielen und dafür den Körper schonen. Außerdem überprüft man bei Patienten nach einer Operation regelmäßig die Temperatur, um eine Infektion schnellstmöglich feststellen zu können. Da nach der Impfung eine Impfreaktion, die auch zu Fieber führen kann, auftreten kann, wäre das Entdecken einer postoperativen Infektion erschwert" fasst Dr. Berkhoff die Empfehlungen für Geimpfte zusammen. (Adrian Böhm) +++