Teilhabe am Arbeitsleben

Projekt er:wachsen: "Keine Sonderwelt für pflegebedürftige Pflänzchen"

Bei der Enthüllung des Stiftungsprojekts
Fotos: Marius Auth

08.12.2021 / FULDA - Die St. Antonius-Stiftung fördert Projekte von antonius, bei denen Menschen mit Behinderungen bessere Start- und Lebensbedingungen bekommen. Das inzwischen 9. Stiftungsprojekt, er:wachsen, soll 15 Menschen mit Schwerstmehrfachbehinderung eine Teilhabe am Arbeitsleben statt nur am sozialen Leben ermöglichen - und zwar im Gewächshaus beim antonius Hof in Haimbach, das bald entsteht.


Das Projekt wurde am Dienstag im Hofcafé präsentiert und offiziell eingeläutet. Besonders für Schüler der Arbeitsschule Startbahn des antonius-Netzwerks soll ein barrierefreies Arbeitsumfeld im Bereich Gartenbau geschaffen werden, in dem diese ihre Potenziale entfalten können und dadurch an der "echten" Arbeitswelt teilhaben können. Symbolisch steht deshalb auch ein Samenkorn fürs Projekt. Das Gewächshaus soll Mitte 2023 fertig sein. Martha Nuhn, Geschäftsführerin der antonius : gemeinsam wachsen gGmbH, erläutert die Details:



"Es sind vor allem gärtnerische Hilfstätigkeiten, die dort von den Projektbeteiligten durchgeführt werden, die momentan komplett von der Arbeitswelt ausgeschlossen sind. Samen müssen gesetzt und regelmäßig gegossen werden, später umgesetzt und als Pfänzchen ins Feld eingebracht werden. Je nach dem Grad der motorischen Einschränkung ist es dann eher die Tomate oder die Gurke, um die sich die Menschen kümmern - und natürlich bestimmen die Neigungen und Talente die konkreten Tätigkeiten." Einer derjenigen, die von der Teilnahme am Projekt profitieren sollen, ist der 18-jährige Tim Gottschalk aus Künzell.



Bereits seit einem Jahr ist er in der Berufsorientierung, seit Sommer in der Klasse "Gärtnerei und Landwirtschaft" der Arbeitsschule Startbahn. Langzeitpraktikum und zwei Praxistage in der Gärtnerei sollen nach der Schulzeit zu einer festen Tätigkeit, immerhin 36 Wochenstunden, im Stiftungsprojekt führen. Gerade diese Teilhabe am Arbeitsleben zeichnet "er:wachsen" aus - sonst hätte Gottschalk keine Chance, selbst auf dem zweiten Arbeitsmarkt. "Gartenbau und Landwirtschaft ermöglichen nicht nur Betätigung, sondern auch Bestätigung", freut sich auch Gerhard Möller vom Vorstand der St. Antonius-Stiftung.



Auf die besondere Symbolik des Samenkorns gingen sowohl Lioba Wingenfeld als auch Pater Thomas, Seelsorger von antonius, ein: "Passende Arbeitsplätze für solche besonderen Menschen zu finden, das ist schwer. Deswegen ist das Projekt ein echter Segen und ermöglicht es, Potenziale zu entfalten", so Wingenfeld. "Jeder Mensch braucht zur Entfaltung nur die richtigen Umstände. Die sollen hier entstehen, sodass auch pflegebedürftige Pflänzchen nicht in einer Sonderwelt, unter einer Käseglocke, sondern im richtigen Leben wachsen und kräftig werden können", so Pater Thomas. (mau) +++

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