TKKG lässt grüßen

"Outdoor Escape Room": Der Realität entfliehen - mitten in der Innenstadt

Spurensuche in der Innenstadt
Fotos: Marius Auth

16.11.2021 / FULDA - Ein bisschen was von TKKG hat es schon, wenn die kleine Gruppe junger Menschen mit dem großen schwarzen Koffer durch die Innenstadt von Fulda schleicht - auf der Suche nach Hinweisen, Weltverschwörung in der Barockstadt, versteht sich. Solche Gruppenspiele fanden bisher drinnen statt, Corona hat Drama und Spieler nach draußen gebracht. Durch die Agentenbrille erarbeiten sich auch Einheimische ihre Stadt auf neue Art und Weise.



"Live Escape Games" heißen die Abenteuerspiele, die eigentlich in geschlossenen Räumen gespielt werden und bei denen eine kleine Gruppe von Spielern durch Rätsellösen einem Raum entkommen muss, in den sie gesperrt wurden. Freiwillig. Oder weil der Arbeitgeber das sinnig findet, als Teambuilding-Maßnahme. Doch Corona hat den Anbietern solcher Spiele einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber es gibt ja noch den öffentlichen Raum - noch dazu mit interessanter Bausubstanz in diesen Breitengraden, dachte sich Gerrit Schwendner, Geschäftsführer von "Gerrit Entertainment":

"Wir mussten uns in Coronazeiten wirklich neu erfinden. Als Eventdienstleister hatten wir auch die Sparte der 'Secret Games' im Angebot: Rätsellösen im Team, unter Zeitdruck. Zielgruppe waren neben Freundeskreisen auch Geschäftsleute, die abseits der stressigen Konferenz etwas Abwechslung wollten. Oder Familien. Diese Spiele haben wir jetzt beinahe alle nach draußen verlagert - und die Leute haben es gut angenommen. Wir haben auch Touristen, die betrachten die Fuldaer Innenstadt lieber durch die Agentenbrille, man glaubt es kaum."

Vom Bahnhof zum Bermudadreieck - Agentenstyle

Vor Ort heißt das konkret: Arda und seine kleine Gruppe von Freunden Anfang zwanzig werden am Bahnhof von Andy Seyfahrt empfangen. Der Mitarbeiter von Gerrit Entertainment macht gleich Druck: "Fulda ist in Gefahr - wir brauchen eure Hilfe!" Im Bahnhof hat W.I.S.E., eine unabhängige internationale Geheimdienstorganisation, einen Koffer versteckt, dessen Inhalt selbst der notorisch nonchalanten Generation Z die Mundwinkel nach unten zieht: Ein Virus zur Gedankenkontrolle wurde entwickelt, die einheimische Bevölkerung ist offensichtlich bereits infiziert. Na danke. Schritt für Schritt wird das Ausmaß der Bedrohung klar - vom Bahnhof geht es über den Uniplatz ins Bermudadreieck, rätsellösend, während die Fulda-Zombies argwöhnisch ihre leise vor sich hinschwitzenden Retter beäugen.



Auf der Metaebene, für Andy, sieht das latent unwürdige Spiel naturgemäß anders aus: "Laterales Denken, Teamwork, Problemlösung unter Zeitdruck - alles da. Man kann bei Teams auch schön die Gruppendynamik beobachten: Wer ist das Gehirn für die schweren Rätsel, wer der Planer, wer der Einpeitscher? Bei Pärchen auch, wer die Hosen anhat. Manche knacken die richtig harten Nüsse ohne Probleme, scheitern dann aber an einfachen Dingen", unkt Andy, während die Hobby-Agenten vor der Justizvollzugsanstalt am Gitter-Wortspiel verzweifeln.



Hilfe gibt es nur bei mentalen Sackgassen, mit Punktabzug. Während die Zeit unerbittlich nach unten läuft und Fulda droht, im Zombie-Chaos zu versinken, bleibt Arda, gruppenintern "The Brain", cool: "Es ist definitiv mal was Anderes. So kommt man raus, vertritt sich die Beine und kann nebenbei noch ein bisschen Spaß haben." Nachdem das Virus-Gegenmittel im Schlosspark-Gully seine segensreiche Wirkung entfaltet, ist die Stadt gerettet. Aber keine Angst, Live-Eskapismus braucht immer Helden: Bei der "Operation Weihnachtsmarkt" können echte Profis ihre Glühwein-Skills bei Minusgraden ausloten. (mau) +++

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