Herausforderungen fürs Traditionshaus

ParkHotel Kolpinghaus Fulda mit neuer Leitung: "Schlafenden Tiger wecken"

Steffen Kempa (links) und Björn Heß wollen das altehrwürdige Parkhotel Kolpinghaus Fulda fitmachen für die Zukunft
Fotos: Marius Auth

15.11.2021 / FULDA - Bereits 1855 wurde in Fulda der erste Gesellenverein gegründet. Auch das Kolpinghaus in der Goethestraße war ursprünglich Jugendwohnheim - inzwischen bietet es als ParkHotel 83 Hotelzimmer, Restaurant, Konferenzräume und den vor allem aus Fastnachtszeiten bekannten Großen Saal. Noch immer kommen wandernde Gesellen kostenlos im Kolpinghaus unter - aber seit dem 1. November gibt es mit Björn H. Heß und Steffen Kempa eine Leitung, die das Traditionshaus neu inszenieren will.


Sowohl Kempa als auch Heß sind vom Fach: Der 34-jährige Kempa ist seit sechs Jahren im Vorstand und hat seit drei Jahren den Vorsitz des Trägervereins "Kolpinghaus Fulda" inne, dem das Haus gehört und der auch die strategische Ausrichtung verantwortet. Zudem ist er Geschäftsführer beim Kolpingwerk Diözesanverband Fulda und bei Kolping Jugendwohnen (bekannt durch den Pings-Azubikampus). Der 49-jährige Heß war 10 Jahre "Zentrumsmanager" im IT-Gründerzentrum Alter Schlachthof Fulda, drei Jahre Hoteldirektor des 3-Sterne-Superior-Hotels in Biedenkopf sowie ein Jahr Geschäftsführer des B&B-Hotels in Würzburg.

Informationsdefizite selbst bei Einheimischen

Der vorherige Geschäftsführer Christof Weisenborn, der 2014 vom jetzigen Hoteldirektor des Hotels Platzhirsch, Dirk Schütrumpf, übernahm, widmet sich ab Januar neuen Aufgaben in der Hotelbranche. Das ParkHotel hat 83 Hotelzimmer, zwölf Tagungs- und Veranstaltungsräume, ein angrenzendes Restaurant mit angrenzenden Banketträumen, das erst im Jahr 2017 für 750.000 Euro erweitert wurde sowie den allseits bekannten Großen Saal mit Empore und Theaterbühne. 36 Mitarbeiter kümmern sich ums Wohl der Gäste. Die sind hauptsächlich Hotelgäste - und da liegt das Problem.



"Selbst Fuldaer wissen häufig nicht, dass man bei uns im Restaurant einkehren kann, ohne Hotelgast sein zu müssen. Auch unsere Tagungs- und Veranstaltungsräume sind ideal gelegen, könnten aber bekannter sein. Wir sind keine Shareholder-Gesellschaft und haben den großen Vorteil, dass wir alles, was im Haus erwirtschaftet wird, wieder hier reinvestieren können. Das bringt eine große Mitarbeiterzufriedenheit: Manche unserer treuesten Teammitglieder sind hier schon seit 30 Jahren. Aber marketingtechnisch sind die Strukturen leider etwas eingerostet: Wir müssen das Kolpinghaus sichtbarer machen in der Region. Deswegen soll der Vorstand des Trägervereins stärker ins operative Geschäft eingreifen", erklärt Heß.



Der in Gastro- und Hotelleriebranche grassierende Fachkräftemangel soll durch Synergien kompensiert werden: Bereits jetzt wird der Tagungsbereich des Pings-Azubikampus vom Hotel becatert, bei Personalengpässen wird einander ausgeholfen. Das soll in Zukunft als Potenzial genutzt werden: Azubis vom Hotel können bei Pings untergebracht werden und so in anderen Bereichen Kompetenzen erwerben. Unbekanntere Stärken sollen offensiv in Szene gesetzt werden: "Bei uns kommt das Frühstückbrötchen vom Bäcker in Friesenhausen, die Frühstücksmarmelade wird selbst eingekocht und der Kuchen selbst gebacken, die Kohlrouladen selbst gewickelt. Solche Dinge wurden in den letzten Jahren leider nicht aktiv kommuniziert - das müssen wir nachholen", so Heß.



Als Jugendwohnheim mit Kegelbahn ist das Hotel gestartet, noch immer kommen wandernde Gesellen in Kluft kostenlos unter - Tradition verpflichtet. "Wir sind eigentlich ein Musterbeispiel dafür, was es bringt, in den Menschen statt in Kapitalrendite zu investieren. Und wir sind ein christliches Haus - die Kreuze in den Tagungsräumen hängen dort bewusst. Unsere Aufgabe muss es jetzt sein, den von außen unscheinbar wirkenden Tiger Kolpinghaus aufzuwecken, um nicht nur für Besucher, sondern auch als Arbeitgeber- und Arbeitnehmermarke attraktiver zu werden", so Kempa. (mau) +++

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