Ladesäulen, Wallboxen und Solar
Viele Fragen beim Elektroauto: Die Herausforderungen der Energiewende
Fotos: Hans-Hubertus Braune
29.01.2022 / REGION - Die Energiewende ist ein viel diskutiertes Thema. Wie lässt sich der Klimawandel eingrenzen? Welche Energiequellen sind sinnvoll? Machen lange Transportwege Sinn? Wie entwickeln sich die Speichermöglichkeiten? Es gibt viele Fragen. Eine Patentlösung gibt es dagegen nicht. Ein zentraler Punkt ist das Netz, welches benötigt wird, um beispielsweise den Windstrom von der Nordsee in die Ballungszentren etwa nach Süddeutschland zu transportieren.
"Bis 2022 werden die deutschen Kernkraftwerke schrittweise außer Betrieb genommen - und auch andere konventionelle Kraftwerke werden stillgelegt. Diesen Wandel zeichnet auch das Stromnetz nach: Insgesamt müssen in den nächsten Jahren über 7.500 Kilometer im Übertragungsnetz optimiert, verstärkt oder neu gebaut werden", schreibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) auf seiner Internetseite. Solarenergie, Wasserkraft, Bioenergie und Geothermie sind weitere Technologien, um das Ziel der Energiewende zu schaffen.
Immer mehr Ladesäulen an Tankstellen und Supermärkten
Im benachbarten Niederaula steht vor dem Rathaus eine Ladesäule für zwei Fahrzeuge. Bürgermeister Thomas Rohrbach sieht eine stetig wachsende Nachfrage. Im vergangenen Jahr wurden hier 5.623 Kilowatt Strom geladen. Im Juli 2021 waren es beispielsweise 27 Ladevorgänge. "Mittlerweile sehen wir täglich im Schnitt ein bis zwei Ladevorgänge", sagt Rohrbach. Die Kommune selbst hat ein Elektrofahrzeug angeschafft. Bislang ist der Strom für die Autofahrer kostenlos. Das wird sich allerdings wie in anderen Kommunen ändern. Ein Lebensmitteldiscounter hat im Zuge der Modernisierung seines Marktes in der Hersfelder Straße in Niederaula ebenfalls eine Ladesäule installiert - und folgt damit dem Trend.
Elektroautos sind gefragt
Öffentliche Ladestationen müssen der Bundesnetzagentur gemeldet werden. Demnach gibt es im Landkreis Fulda (Stand jeweils 1. Januar 2022) 77 öffentliche Ladestationen, im Vogelsbergkreis 43 und im Landkreis Hersfeld-Rotenburg 30 Ladestationen. Die Anzahl steigt weiter. Die höhere Nachfrage nach Ladestationen begründet sich auch in der Zunahme der Neuzulassungen für Elektrofahrzeuge in Osthessen. Eine Übersicht der reinen Elektroautos, ohne Hybrid - oder Plug-in-Fahrzeuge, Stand Mitte November 2021): Im Landkreis Fulda sind 1.579 PKW mit reinem E-Antrieb zugelassen. Aktuell sind im Vogelsbergkreis 633 reine E-Fahrzeuge zugelassen und im Landkreis Hersfeld-Rotenburg gibt es 673 E-Autos. Im Verhältnis zu den gesamten Neuzulassungen (zum Beispiel im Landkreis Fulda Stand 31. Dezember 2020 89.947 Neuzulassungen mit Benzinmotor) ist der Anteil der Elektroautos relativ gering.Bundesminister Volker Wissing (FDP) hat im Bundesministerium für Digitales und Verkehr erstmals eine Beauftragte für Ladesäuleninfrastruktur eingesetzt. "Um die Menschen von der Attraktivität der Elektromobilität zu überzeugen, muss das Laden von E-Autos einfacher und schneller werden – so wie bei herkömmlichen Verbrennern muss das Tanken in kurzer Zeit flächendeckend, überall und barrierefrei möglich sein. Hier müssen und wollen wir vorankommen – um die eigenen Klimaschutzziele zu erreichen und damit unsere Unternehmen einen starken Heimatmarkt haben", wird Daniela Kluckert auf der Internetseite des Ministeriums zitiert.
Rahmenbedingungen müssen einfacher werden
Über 200 Wallboxen installiert
Die RhönEnegrie in Fulda hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr 2021 über 200 Wallboxen inklusive der Installation an Privatkunden verkauft. "Wenn wir die Ziele der Energiewende – und dabei vor allem der Verkehrswende – ernst nehmen, ist ein beschleunigter Ausbau alternativer Konzepte unverzichtbar. Unsere Unternehmensgruppe hat in den vergangenen Jahren an zahlreichen Punkten unseres Netzgebiets Lademöglichkeiten geschaffen: auf kommunaler Ebene, für Gewerbekunden und nicht zuletzt in Form von Wallboxen für Privatkunden. Das Laden zuhause, etwa in Verbindung mit einer Fotovoltaik-Anlage, ist für Elektrofahrzeuge eine ideale Alternative. Unsere Kunden fragen das stark nach, weil CO₂-freie Mobilität und eine gewisse Autarkiequote, verbunden mit sicherer Versorgung im Trend liegen", sagt Martin Heun. Er ist Sprecher der Geschäftsführung der RhönEnergie Fulda.Die RhönEnergie betreibt etwa 160 öffentliche/halböffentliche Ladepunkte. Schnellladestationen gehören nicht zum Portfolio. "Das überlassen wir nationalen Playern", wird Heun in einer entsprechenden Presseanfrage von OSTHESSEN|NEWS zitiert.
Auslastung im Stromnetz als Herausforderung
Die Wallboxen werden für ein optimiertes Laden bei den Privathaushalten benötigt. Sie bieten gegenüber üblichen Haushaltssteckdosen mehr Sicherheit, so der ADAC (Allgemeiner Deutscher Automobil-Club). "Eine Haushaltsteckdose ist für das regelmäßige Aufladen von Elektroautos nicht zu empfehlen, weil sie nicht für langes Laden unter hoher Last ausgelegt ist. Deshalb besteht das Risiko, dass das Stromkabel, der Stecker oder die Steckdose überhitzen", heißt es dazu auf der Internetseite vom ADAC.Allerdings hat der Bund die Förderung dieser Boxen wie erwähnt beendet. Eine weitere Herausforderung ist die Auslastung des Stromnetzes. Das Ministerium in Berlin schreibt dazu auf seiner Internetseite: "Aus diesem Grund wurde für Ladestationen zu Hause bis 11 kW Leistung eine Meldepflicht, über 12 kW eine Genehmigungspflicht eingeführt. Eine Steuerbarkeit von Ladevorgängen zur Netzstabilisierung vergleichbar mit PV-Anlagen ist in Vorbereitung. Mit dem Wissen, wann Verbraucher gleichzeitig Strom zapfen, können die Verteilnetzbetreiber das Netz gezielt stärken, ausbauen und künftig Ladevorgänge koordiniert über die Nachtstunden verteilen", schreibt das Bundesministerium für Digitales und Verkehr.
Das Ministerium setzt zudem auf den Ausbau der Schnellladestation an den Autobahnen: "In einer zweiten Ausschreibung werden Aufbau und Betrieb von etwa 200 Schnellladestandorten an unbewirtschafteten Rastplätzen an den Bundesautobahnen ausgeschrieben", schreibt das Ministerium. Außerdem sollen alle Rastanlagen an Bundesautobahnen mit Schnellladeinfrastruktur ausgestattet werden. Zudem werden die "Ladeinfrastruktur vor Ort" etwa an Supermärkten, Hotels oder Schwimmbädern gefördert.
Der Energieversorger EnBW aus Baden-Württemberg will sein Netz weiter ausbauen. Auf seiner Internetseite schreibt das Unternehmen: "Im bayerischen Bad Kissingen-Oerlenbach beginnen im Januar an der A 71, Ausfahrt 28, die Bauarbeiten für einen neuen, hochmodernen Ladepark. Gleiches geschieht im hessischen Herleshausen, wo die EnBW an der Ausfahrt 38 der A 4 einen solchen Park errichtet."
Ein steiniger Weg
Die unterschiedlichen Lademöglichkeiten wie "AC" (Wechselstrom) und "DC" (Gleichstrom) und die Entwicklung von besseren Speichermöglichkeiten sowie die generelle Netzsicherheit bei Stromschwankungen durch schwierig zu planende Netzeinspeisungen und Abnahme zum Beispiel durch stark steigende und gleichzeitige Ladezeiten sind weitere zentrale Themen und Herausforderungen. Bis sich die Elektroautos in der Masse bei den Kunden durchsetzen, ist es ein langer und steiniger Weg mit so manchem Schlagloch. Es braucht gemeinsame Lösungen ganz im Sinne, die Klimaziele wirklich erreichen zu wollen. (Hans-Hubertus Braune) +++