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Booster-Marathon als Blaupause: Impfaktion der Hausärztepraxis Gleen-Felda

Der Hausarzt der Hausärztepraxis Gleen-Felda, Michael Buff (links) möchte einen Booster-Impfmarathon in Kirtorf veranstaltet und hat Mitstreiter gesucht, die ihm helfen die Idee pragmatisch umzusetzen.
Fotos: O|N

14.11.2021 / KIRTORF - Unter der Dusche kam Michael Buff eine Idee, die vielleicht eine Blaupause für die Zukunft im Kampf gegen Corona sein können: Der Hausarzt der Hausärztepraxis Gleen-Felda möchte einen Booster-Impfmarathon in Kirtorf veranstalten und hat Mitstreiter gesucht, die ihm helfen die Idee pragmatisch umzusetzen.



Mit der Stadt Kirtorf, dem DRK-Ortverband Kirtorf und der Stadtapotheke Kirtorf hat er sie schnell gefunden und innerhalb weniger Tage ein Konzept erstellt, was alsbald umgesetzt wird: Am Samstag, 4. Dezember 2021, findet von 9 bis 13 Uhr eine vierstündige Impfaktion in der Gleentalhalle statt. 500 Einwohner und Patienten aus der Gemeinschaftspraxis können an dem Tag einen weiteren Pik in den Oberarm bekommen, der sie vor einem schweren Verlauf bei einer möglichen Infektion bewahren soll. Die Vorabanmeldung dazu ist nur online über die Homepage der Praxis www.hpgf.de möglich.

"Kommen an unsere Grenzen"

"Die vierte Corona-Welle ist nicht mehr im Anmarsch, wir sind mitten drin und wir kommen an unsere Grenzen", stellte Buff bei der Pressekonferenz im Kirtorfer Rathaus fest, der mit seinen Kollegen in beiden Praxen seit Wochen bereits an die 100 Impfungen pro Woche durchführt. Gemeinsam mit seinen Unterstützern – in Person Daniela Dörr von der Stadtapotheke Kirtorf, Elke Schneider vom DRK-Ortsverband Kirtorf, Melanie Naumann als Koordinatorin der Aktion von Seiten der Stadt Kirtorf und Bürgermeister Andreas Fey – stellte er den Vertretern der Medien seine Idee vor und bat auch gleichzeitig um Aufklärung über Voraussetzung, Ablauf und Regeln, die an dem Tag gelten.

"Es wird eine riesige Herausforderung, wenn wir in so kurzer Zeit so viele Menschen impfen möchten. Dazu benötigen wir auch die Mithilfe der Patienten", erläutert der Mediziner. Große Diskussionen wird es so zum Beispiel an dem Tag in der Gleentalhalle nicht geben – weder über Impfstoff, nachgereichten Krankenkarten oder fehlende Impfausweise – genauso wenig wie eine Impfberatung für Erstimpflinge. Die schicke er nicht fort, aber in der Praxis sähe er sie tatsächlich lieber, da er sich da mehr Zeit nehmen könnte, als an dem Marathon-Tag.

Alle 30 Sekunden eine Spritze

Dort wird es nämlich Schlag auf Schlag gehen: Fünf Ärzte beziehungsweise Medizinische Fachangestellte aus der Praxis werden in mehrere Impfstraßen gleichzeitig Impfwilligen eine Dosis von BioNTec oder Moderna verabreichen – alle 30 Sekunden wird eine Spitze gesetzt, nur so könnten sie ihr Ziel, 500 Drittimpfungen an dem Tag durchzuführen, erreichen. Unterstützt werden die Mitarbeitenden der Kirtorfer und Gemündener Arztpraxis dabei von Daniela Dörr von der Stadtapotheke, die den ganzen Vormittag nichts anderes machen wird, als gewissenhaft die Vakzine in Spritzen aufzuziehen. Die Einweisung zu den Plätzen, die Betreuung und vor allem die Überwachung der Patienten nach der Impfung übernimmt das DRK – teilweise bis zu 40 Personen gleichzeitig.

Das Nadelöhr, so bezeichnet es Buff, werden die Formalitäten und Anmeldungen sein: Mehrere Kartengeräte werden am Eingang zur Verfügung stehen, über die die Krankenkassenkarten eingelesen werden. Diese Daten müssen dann in die Praxis transferiert, dort ausgelesen und bearbeiten werden, denn alles muss natürlich auch dokumentiert und abgerechnet werden. "Wie wir diese Menge auf einmal bewerkstelligen, wissen wir noch nicht so genau, aber auch das werden wir hinbekommen", ist Buff zuversichtlich, da er auf ein kompetentes Team vertrauen kann, dass in den

letzten eineinhalb Jahre Pandemie wieder einmal gezeigt hätte, wie fähig es ist. Dies ist auch der Grund, warum er sich so einen Impfmarathon überhaupt zutraut. Gleichzeitig ist es aber auch seine Motivation, seine Mitarbeiter mit dieser Aktion zu schützen: "Wir arbeiten so an der Belastungsgrenze, seit Monaten. Das kann so nicht weiter gehen und schon gar nicht noch mehr werden – also müssen wir uns was einfallen lassen, wie wir unseren Anspruch und die Notwendigkeiten im Kampf gegen die Pandemie pragmatisch und Ressourcen orientiert umsetzen können." Ab und zu sei es nämlich schon vorgekommen, dass Mitarbeitende hinter den Kulissen des Praxisalltags geweint hätten – aus Erschöpfung. "Dies möchte ich nicht mehr, aber dennoch wollen wir natürlich auch unseren Patienten gerecht werden und sie gut versorgt wissen!"

Booster-Impfungen

Sicherlich wird auch der Samstagvormittag ein Kraftakt für alle Beteiligten, aber nur so könne man sich Luft und Freiräume in der Praxis schaffen, die man anderweitig bräuchte. Daher bitte das ORGA-Team darum, sich an die aufgezeigte Regeln und Vorbereitungen zu halten, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen:

Geimpft werden an dem Tag die Personen, die vor dem 4. Juni 2021 ihre Zweitimpfung mit BioNTech, Moderna oder AstraZeneca erhalten haben oder die nur einmal vor dem 6. November 2021 mit Johnson & Johnson geimpft wurden. Die Bürger, die vor dem 4. Juni 2021 an Covid-10 erkrankt waren (PRC-Test / Titer) oder bisher noch keine Impfung erhalten haben, können ebenfalls an der Aktion teilnehmen. "Die Einhaltung der Mindestabstände – sechs Monate oder vier Wochen – sind unbedingt erforderlich", verdeutlicht Buff noch mal aus medizinischer Sicht.

Nicht geimpft werden am 4. Dezember Personen mit schweren allergischen Reaktionen in der Vorgeschichte. Minderjährige zwischen 12 und 18 Jahren müssen eine erziehungsberechtige Begleitperson mitbringen.

Informiert zur Impfung kommen

"Jeder, der an dem Tag geimpft werden möchte, muss sich über die Impfung informiert haben – der Aufklärungsbogen befindet sich auf unserer Homepage zum Download – und eine unterschriebene Einwilligungserklärung für die mRNA-Impfstoffe sowie seinen Impfpass und die Krankenversicherungskarte mitbringen", nennt Buff die Bedingungen. Sollte kein Impfpass vorhanden sein, könne man sich einen neuen Impfpass erwerben. "Wer keinen Impfpass oder keine Krankenkarte dabei hat, können wir nicht impfen!"

Weiter bittet das ORGA-Team darum, dass die Impfwilligen ihre Kleidung an dem Tag mit Bedacht auswählen: Vor dem Einlass in der Halle könnte es zu Wartezeiten kommen, sodass man sich warm anziehen müsste. In der Halle selbst wäre es von Vorteil, wenn man schnell den Oberarm freimachen könnte, ohne sich komplett entkleiden zu müssen – vor allem, weil es keine abgetrennten Behandlungsräume gäbe.

Im Gespräch im Rathaus, bei dem nebenbei noch einiges Organisatorische besprochen wurde, verdeutlicht Michael Buff noch einmal aus seiner Sicht, warum er die Corona-Impfung an sich, aber auch die Booster-Impfung für notwendig hält und bezieht sich da auf wissenschaftliche Daten und Fakten des RKIs:

Eine Impfung gegen Covid-19 sei sehr effektiv. Impfungen sollen nicht in erster Linie Infektionen, sondern schwere Verläufe verhindern – und das täten sie in sehr hohem Maße. Aber sie schützten tatsächlich auch vor Infektionen. Die 7-Tage-Inzidenz für Ungeimpfte sei rund neunmal so hoch wie die der vollständig Durchgeimpften.

"Impfung schützt vor schwerem Verlauf"

Im Vergleich von Geimpften zu Ungeimpften liege der Schutz vor einer Einweisung in ein Krankenhaus bei 18- bis 59-Jährigen bei ca. 89 % und in der Altersgruppe ab 60 Jahren bei ca. 85 %. Der Schutz vor einem sehr schweren Verlauf – definiert als notwendige Behandlung auf einer Intensivstation – liege in der Gruppe der 18- bis 59-Jährigen bei 94 % und ab dem Alter von 60 Jahren bei etwa 90 %. Der Schutz vor dem Tod liege bei 18-59-Jährigen bei rund 92 %, bei über 60-Jährigen bei 85 %.

Allerdings lasse die Wirkung einer Zweifachimpfung, besonders bei alten und immungeschwächten Menschen, nach vier bis sechs Monaten, oft auch schon früher, nach. Deshalb werde von der STIKO eine Auffrischungsimpfung (Booster) empfohlen, insbesondere den genannten Personengruppen und den Mensch in deren Umgebung. Aber auch andere Personen seien von einem schwächer werdenden Impfschutz betroffen und sollten sich daher auch ein drittes Mal impfen lassen.

Die wissenschaftliche Erkenntnisse deckten sich mit den Erfahrungen, die Buff und seine Kollegen auch in ihren zwei Praxen gemacht hätten: "Ich habe noch niemanden von meinen Patienten ins Krankenhaus einweisen müssen, die an Corona erkrankt waren und vorab eine Grundimmunisierung hatten – die Impfungen hat sie bisher alle vor einem schweren Verlauf geschützt!"



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