"Sehr fragwürdige Aussageentstehung"
Mutter vom Missbrauchsvorwurf freigespochen - Erklärung für Pornokonsum?
Foto: Finn Rasner
04.11.2021 / FULDA -
Richter Joachim Becker begründete die wenig überraschende Entscheidung des Gerichts ausführlich. Der Junge war wie seine Geschwister in einer Heimeinrichtung untergebracht, weil sich seine Mutter damals nicht in der Lage sah, sich angemessen um ihre Kinder zu kümmern. Der Sohn hatte sie regelmäßig am Wochenende besucht und nach seiner Rückkehr in die Einrichtung nie gesagt, dass er nicht wieder dorthin wolle. Schon zu Beginn seiner Pubertät habe er starkes Interesse an Sexualität entwickelt und sich auch verbal mit seinen angeblichen Erfahrungen gebrüstet, hatte seine Erzieherin ausgesagt. Nachdem er sich den W-LAN-Zugang des Heims besorgt hatte, fiel auf, dass er regelmäßig Pornofilme auf seinem Handy angesehen hatte. Mit den bevorzugten Themen dieser Filme konfrontiert, stellen zwei seiner Erzieherinnen ihm die direkte Frage, ob seine Mutter "auch so etwas mit ihm gemacht habe".
In dieser für ihn peinlichen Rechtfertigungssituation habe er dazu ja gesagt und sei dann bei der Befragung durch die Polizei dabei geblieben. "Die Entstehung dieser Aussage sieht das Gericht als äußerst fragwürdig an", führte der Richter aus. Die Antwortmöglichkeiten seien ihm quasi vorgegeben und der Missbrauch suggeriert worden. In seiner Befragung sei die ungenügende Qualität und Detailarmut seiner Angaben aufgefallen. Angeblich sei der Missbrauch immer nach demselben Schema F abgelaufen, es gab keine Erklärung des "Vorher und danach", die Konstanz der Aussage sei ungenügend gewesen, deshalb erhärteten sich die erheblichen Zweifel des Gerichts an deren Glaubwürdigkeit.
Warum hat der Junge seine Mutter so belastet?
Richter kritisiert öffentliche Vorverurteilung und Beschimpfung der Mutter
Zum Schluss fand Richter Becker klare Worte für die schlimme öffentliche Vorverurteilung der Mutter. "Das Sprichwort 'Kein Feuer ohne Rauch' sei hier völlig falsch. Die Berichterstattung in manchen Medien habe dazu geführt, dass die Frau von einem Mob aufgesucht, beschimpft und bedroht worden sei. "Diesen Menschen sei gesagt: Es gilt grundsätzlich die Unschuldsvermutung für jeden Angeklagten!", betonte der Richter. (ci)+++
Fotos: Finn Rasner