Es ist des Jägers Ehrenschild...

Mehr als Tradition und Brauchtum: Herrliche Hubertusmesse mit Jägerschlag

Am Freitagabend wurde der Nachwuchs offiziell in die Reihe der Jägerschaft aufgenommen
Fotos: Martin Engel/Miriam Rommel

30.10.2021 / FULDA - Mit der Hubertusmesse fand die Jungjägerausbildung der Jagd- und Gebrauchshundevereinigung Rhön-Vogelsberg am Freitagabend in der Stadtpfarrkirche ihr Ende. Aber nicht nur der Nachwuchs wurde offiziell in die Runde der Jägerschaft aufgenommen, auch stand – ganz traditionell – beim Gottesdienst das Ehren des heiligen Hubertus von Lüttich im Vordergrund.



In seiner Predigt, die zum Nachdenken anregte, ging Stadtpfarrer Stefan Buß auf "Geweih und Kreuz" ein. Er erzählte davon, wie der Schutzpatron der Jäger, Förster und Waldarbeiter zu seiner Mission fand und schließlich zum Priester geweiht wurde. Auch zitierte er den bekannten Spruch Oskar von Riesenthals aus dem 19. Jahrhundert: "Das ist des Jägers Ehrenschild, dass er beschützt und hegt sein Wild.  Weidmännisch jagt, wie sich’s gehört, den Schöpfer im Geschöpfe ehrt."

Heute, so mutmaßt Buß, spiegelten sich religiöse Sichtweisen nur noch selten in unser aller Tun wider. "Es gehen wohl auch die wenigsten in den Wald, um zu beten, auch wenn das hin und wieder gesagt wird. Nein, der Wald wird bewirtschaftet und damit auch das Wild. Da geht es um Gewinn und Verlust. Der Förster ist heute ein Betriebsleiter: Er muss seinen Betrieb Wald möglichst gewinnbringend führen. Auch die moderne Jagd wird wohl mehr oder weniger in diesem Horizont stehen. Selbst das Wandern ist ein Wirtschaftsfaktor in der Tourismusbranche. Da sind sentimentale Gefühle nicht sehr hilfreich; da ist für religiöse Romantik nicht mehr viel Platz."

"Die Menschen verlieren die Erdung"

Die Jagd aber, so Buß, gehöre von Anfang an zum Menschen dazu. "Der Ackerbau, die Viehzucht und die Jagd sind Ursprung der Kultur. Der Mensch lebte noch bis vor wenigen Generationen in einer ganz direkten und existenziellen Beziehung zur Natur: zur Erde, zum Wetter und den Jahreszeiten, zum Wachsen und Gedeihen, zum Wald und zu den Tieren. Im "Aldi- und Amazon-Zeitalter" würde der Mensch diese Erdung jedoch verlieren.

Das Begehen der Hubertusmesse hätte nichts damit zu tun, sich in eine idyllische Vergangenheit zu wünschen. "Wir stellen uns vielmehr der Frage: Was kann christlicher Glaube denn Jägern heute sagen? Hat das Jagen auch eine spirituelle Seite – und wie sieht die aus?"

Was ist also die Spiritualität der Jagd: Es ist letztlich nichts anderes als die Grundhaltung der Liebe zu allem, was lebt

Ein Jagen, das auch spirituell sei, würde wahrscheinlich mit den Sinnen beginnen, so der Stadtpfarrer. "Sinn hat immer etwas mit den Sinnen zu tun. Du gehst zur Jagd und öffnest deine Sinne, dass du vom Sehen zum Schauen kommst und vom Hören zum Lauschen: die Dämmerung und die Farben des Waldes in der Abenddämmerung oder am frühen Morgen – die Geräusche der Stille, ein Vogel, der singt, dein Hund neben dir, ein Auto ganz weit in der Ferne. Du riechst die frische Luft und wie es duftet. Du spürst den kühlen Wind auf deinem Gesicht. Du kannst vielleicht sogar etwas schmecken auf der Zunge. Du gehst durch den Wald, als wäre es das erste Mal. Du denkst immer weniger nach und beginnst wahrzunehmen mit allen Sinnen – alles um dich herum und dich selbst. Deine inneren Antennen sind weit ausgefahren.

Vielleicht staunst du, wie hoch die Fichte gewachsen ist – oder wie mächtig diese Eiche da steht, wie lange schon? Oder du staunst über den kleinen Käfer auf dem Weg oder eine winzige Ameise – wie alles lebt! Oder dann, wenn das Reh aus dem Gebüsch kommt, auf das du gewartet hast, dieses schöne Tier und seine graziösen Bewegungen. Du legst das Gewehr an und spürst die Spannung, die Verantwortung, deine Macht, wenn du dieses schöne, wehrlose Tier gleich erlegst. Vielleicht erschrickst du aber, wenn du um dich herum auch das Sterben siehst: die abgestorbenen Bäume - vertrocknet in der Hitze, vom Borkenkäfer zerstört. Was spürst du, wenn du so durch den Wald gehst: Freude – Staunen – oder auch Traurigkeit und Schmerz, vielleicht sogar Scham?"

Wer so zur Jagd ginge, hätte erkannt, dass er nicht über allem steht und auch, dass ihm nichts gehört. "Wir sind ein kleiner Teil dieser wunderbaren Welt. Wir haben uns nicht und nicht den kleinsten Käfer gemacht. Wir verdanken jeden Atemzug, jeden Herzschlag, jeden Ton und jeden Augenblick einem größeren Geheimnis, für das wir bis heute keinen anderen Namen haben als Gott."

Buß weiter: "Wer so zur Jagd geht, wird dazu beitragen, Lebensräume für Pflanzen und Tiere zu bewahren. Denn die Welt ist so etwas wie ein Garten oder auch ein Tierpark, die Bibel nennt es Paradies. Wir Menschen sollen darin die Gärtner sein und Freunde der Tiere." Kein Tier dürfe gequält oder sinnlos getötet werden. "Eine Jagd muss deshalb immer mit Respekt vor der Schöpfung geschehen. Jäger müssen Menschen sein, die Tiere mit großer Zuneigung und Sorge behandeln."

Der erste Schlag soll dich zum Jäger weihen. Der zweite Schlag soll dir die Kraft verleihen, zu üben stets das Rechte. Der dritte Schlag soll dich verpflichten, nie auf die Jägerehre zu verzichten

Der Vorsitzende der Jagd- und Gebrauchshundevereinigung Rhön Vogelsberg, Dr. Rudolf Leinweber, zitierte aus einem Artikel, der in der "Wild und Hund" erschienen war. Das Wild, so betonte er, sei weder Schädling noch Zielscheibe, sondern Geschöpfe Gottes, welche es zu achten gelte. Er erinnerte daran, dass die Jagd kein Hobby, sondern Berufung sei und – auch in Anbetracht der wundervollen Hubertusmesse – erst die Ehrfurcht vor dem Tier zu Brauchtum und Traditionen führe.

Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdiest vom Parforcehorncorps Hoher Vogelsberg und dem Bläsercorps der Jagd- und Gebrauchshundevereinigung Rhön-Vogelsberg. (Miriam Rommel) +++

 

 

 

 

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