Im 3G-Eventzentrum

Zurück in die Zukunft: fibit.business bringt den "analogen Menschen" ins IT-Spiel

Zurück in die Zukunft: Verantwortliche der fibit.business vor dem Kultauto der 1980er, dem DeLorean DMC-12
Fotos: Marius Auth

23.09.2021 / FULDA - Durch Corona wurde die Digitalisierung selbst für kleine Unternehmen plötzlich zur dringlichen Angelegenheit. Damit dabei der Mensch nicht auf der Strecke bleibt, müssen die ganz analogen Bedürfnisse des "sozialen Wesens" berücksichtigt werden. Die IT-Entscheidermesse fibit.business am Donnerstag im 3G-Tagungs- und Eventzentrum in Fulda stand deswegen unter dem Motto "Zeitsprung: Zurück in die analoge Welt?"


"Viele kleine Mittelständler der Region haben das Thema Digitalisierung sowohl fachlich als auch technisch eher notgedrungen auf dem Schirm - Corona hat die Probleme eher offensichtlich gemacht", erklärt Jürgen Dreymann vom Vorstand des ausrichtenden Vereins "Zeitsprung IT-Forum Fulda". Denn: Homeoffice-Gerätschaften wie Webcam und Laptop reichen nicht aus, um den Arbeitnehmer auf Dauer zufriedenzustellen. Selbst ein Stehschreibtisch bringt wenig, wenn zu Hause kein ausreichend großer, heller und gut durchlüftbarer Raum zum Arbeiten zur Verfügung steht.



"Im Rahmen der Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen entstehen Spannungsfelder, keine Frage. Aber durch die Geschwindigkeit, mit der Corona die Umsetzung erzwungen hat, sind bestimmte Dinge auf der Strecke geblieben. Analoge Begegnungsräume im Unternehmen, etwa die gute Kaffeeküche, müssen virtuell nachgebaut werden, um die sozialen Bedürfnisse von Arbeitnehmern zu befriedigen", erklärt Valentina Siemens, Zeitsprung-Pressesprecherin. Dreymann erläutert, wie in seinem IT-Unternehmen "exxcellent solutions" den Mitarbeitern deswegen auf die Sprünge geholfen wird: "Wir haben eine digitale Kaffeeküche eingerichtet - einmal in der Woche werden Mitarbeiter zufällig ausgewählt und treffen sich dort zum Plausch."



Neue Verhaltensregeln und Werte tun not fürs digitale Zusammenarbeiten, denn: "Videokonferenzen sind höchst effizient, viele wollen gar nicht mehr ohne. Selbst Kunden im Bankenumfeld bestehen häufig nicht mehr auf Ortstermine. Die soziale Informationsarmut im Unternehmen durch die mangelnde Präsenz muss allerdings kompensiert werden: Statusmeldungen der Mitarbeiter müssen gesetzt und respektiert werden. Wer ist erreichbar, wer will gerade nicht gestört werden?", erklärt Dreymann.



Referent Nikola Neskovic erläuterte eindrucksvoll, warum die "analoge Komponente Mensch", gerade die jüngere Generation, besser ausreichend Berücksichtigung finden sollte, trotz Digitalisierungs- und Effizienzzwang. "Am Anfang ist Digitalisierung der Versuch, zeitfressende Abläufe zu minimieren. Dann kommen Planung, Umsetzung, Prüfung und Optimierung. Aber das Ergebnis muss sein, dass die Arbeitnehmer kreative Lebenszeit erhalten durch die Effizienzsteigerung - und nicht noch mehr Arbeit. Work-Life-Balance, Weiterentwicklung - das wird gerade jungen Menschen immer wichtiger und ist ein Faktor für die Arbeitgeberattraktivität."



Der Druck, durch Corona noch mehr digitalisieren zu müssen, gebe manchem Unternehmen außerdem eine trügerische Vorstellung von Sicherheit, die in der harschen Realität schnell zerstört würde, so Neskovic: "Früher hieß Datensicherheit, dass niemand die Festplatten stehlen kann. Heute heißt es, ein Rechenzentrum in der EU mit hochverfügbaren Servern zu haben, IT-Mitarbeiter, die in der Lage sind, die Sicherheit der eigenen Infrastruktur auf die Probe zu stellen - oder vielleicht sogar in der Lage sind, mit Daten-Erpressern zu verhandeln. Und die Belegschagft muss mitgenommen werden, die IT-Abteilung darf sich nicht abschotten. Heißt: Social Engineering, das Erschleichen des Vertrauens von Mitarbeitern durch Externe, ist eine Realität - darauf müssen Menschen vorbereitet werden."



Um den Charme der ursprünglichen, halb-analogen Digitalisierung aufleben zu lassen und den einen oder anderen IT-Entscheider "zurück in die Zukunft" zu bringen, stand vorm 3G-Eventzentrum Christian Ruhl aus Großenlüder bereit - mit seinem DeLorean DMC-12. Das Kultgefährt der 1980er-Jahre beschäftigt den 23-Jährigen schon seit Jahren - gerade weil es Ecken und Kanten hat. "Es hat noch den Flair des Selbstgemachten. Das Innenleben hat Schalter und Knöpfe statt Konsolen, die Linienführung ist geradezu brachial - und es gibt kaum noch Ersatzteile dafür", so Ruhl. Bernhard Krönung, Zeitsprung-Gründungsmitglied und Mitbegründer von regio.net, dem 1992 ersten Internet-Serviceprovider für Fulda, erinnert sich gut an die Zeiten, in denen Datenströme pfeifen und ruckeln: "Als die Fachhochschule Fulda 1993 ans Deutsche Forschungsnetz angeschlossen wurde, konnten auch Privatleute, etwa in unserem damaligen Verein, davon profitieren. 64 Kilobit pro Sekunde war damals noch eine Wahnsinnsgeschwindigkeit. Damit könnte man heute nicht einmal ordentlich E-Mails abrufen." (mau) +++

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