Gemeinsam im Kampf gegen Antisemitismus

"Ein Christ kann kein Antisemit sein!" - zwingende Aufgabe aller Demokraten

Bei der Pressekonferenz im Dompfarrzentrum von links: Prof. Johannes Heil, der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr, Dagmar Mensink und Matthias Kopp
Fotos: Carina Jirsch

22.09.2021 / FULDA - Beim heutigen Pressegespräch im Rahmen der Bischofskonferenz sollte das aktuelle Verhältnis der katholischen Kirche in Deutschland zum Judentum beleuchtet werden. Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhaltes und des gemeinsamen Wirkens gegen jede Form von Antisemitismus wurden vom Erfurter Bischof Dr. Ulrich Neymeyr, dem Vorsitzenden der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz, Dagmar Mensink als Koordinatorin für religionspolitische Grundsatzfragen bei der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz und Vorsitzende des Gesprächskreises "Juden und Christen" beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), und dem Heidelberger Prof. Dr. Johannes Heil, Ignatz-Bubis-Stiftung für Religion, Geschichte und Kultur des europäischen Judentums an der Hochschule für Jüdische Studien erörtert Dabei wurde auch das Jubiläum "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" in den Blick genommen.



"Das Festjahr "1700 Jahre jüdisches Leben", das bis Mitte nächsten Jahres verlängert wird, ist eine große Chance für uns alle. Es ermöglicht uns, den Reichtum der langen jüdischen Tradition in Deutschland und die Lebendigkeit und Vielfalt heutigen Judentums zu entdecken. Jüdinnen und Juden waren und sind seit den Anfängen Teil der deutschen Gesellschaft; sie haben Kultur und Gesellschaft dieses Landes maßgeblich mitgestaltet", erklärte Bischof Neymeyr eingangs. Das Interesse am Judentum wecken und die Begegnung mit Jüdinnen und Juden fördern, sei nach seiner Überzeugung das beste Mittel, um Antisemitismus vorzubeugen. Die Haltung der Kirche sei hier völlig klar. Papst Franziskus habe sie auf die prägnante Formel gebracht: "Ein Christ kann kein Antisemit sein!"  Es sei die Pflicht von Christinnen und Christen, sich aktiv gegen Antisemitismus einzusetzen. "Das ist unsere Verpflichtung als Christen, aber auch als Demokraten. Deshalb werbe ich entschieden bei allen wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern: Gehen Sie wählen! Und geben Sie ihre Stimme einer Person und einer Partei, die sich glaubhaft für den Schutz jüdischer Gemeinden und die Förderung jüdischen Lebens in Deutschland einsetzen", appellierte der Bischof.

"Dagmar Mensink ergänzte: "Ich kann direkt an das Gesagte anknüpfen. Denn auch ich sehe in dem Festjahr "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" eine Riesenchance. Weil es neugierig macht auf die reiche jüdische Geschichte, weil es Lust macht, den jüdischen Glauben und die jüdische Gemeinschaft in Deutschland heute näher kennenzulernen." Nach katholischem Verständnis sei der jüdisch-christliche Dialog kein "Add on", also etwas, was Kirche auch tue, sondern er gehöre gleichsam zur DNA des christlichen Glaubens: "Denn gemäß dem Zweiten Vatikanische Konzil versteht sich die Kirche nur dann selbst richtig, wenn sie mit dem gegenwärtigen Judentum im Gespräch ist, wenn sie das "Gottesvolk des von Gott nie gekündigten Alten Bundes"– so hat Papst Johannes Paul II. das Judentum in Mainz 1980 genannt – immer mit im Blick hat." Das komplexe Problem Judenhass wirksam zu bekämpfen, sei schwer. Doch Bildung und Begegnung wirkten nachweislich Vorurteilen und antisemitischen Einstellungen entgegen. Dieses Festjahr könne also auch einen wichtigen Beitrag dazu leisten, das "Gerücht über die Juden", wie Adorno den Antisemitismus nannte, weiter zum Verstummen zu bringen, so Mensink.

"Prof. Dr. Johannes Heil von der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg konstatierte, über Antisemitismus sprechen zu müssen, sei bedrückend, denn nach menschlichem Ermessen und im Vertrauen auf den Prozess der Zivilisation müsste das doch endlich ein Gegenstand der Geschichte sein. "Es muss vor allem darum gehen, über aktuelle Daten hinaus auch die heutigen Entstehungsbedingungen von Einstellungen zu analysieren und geeignete Mittel zur Prävention zu entwickeln. Das ist nicht nur Aufgabe der Sozial- und Geisteswissenschaften, sondern hier sind auch die Theologien gefordert, und es ist zu hoffen, dass sie mit ihren gesamten Fächerkanones eine aktive Rolle in künftigen Forschungen und der Vermittlung ihrer Ergebnisse nach innen wie außen spielen werden" schloss  Prof. Heil. (ci)+++

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