Zäune gegen den Wolf nicht realisierbar

"Das Kalb ist keinen Tag alt gewesen!" - Landwirt aus Buchenau ist alarmiert

Von dem neugeborenen Kalb ist nicht viel übrig
Fotos: Klaus Dehnhard

27.08.2021 / EITERFELD - "Dieses Kalb ist heute Nacht auf der Weide geboren und kurz darauf gerissen worden - vermutlich von einem Wolf", sagt Landwirt Stefan Kohlmann aus dem idyllischen Eiterfelder Ortsteil Buchenau. Von dem Kadaver ist nicht viel mehr übrig als die abgefressene Wirbelsäule, die Rippen sind abgenagt und gebrochen, ein Lauf fehlt ganz - wirklich kein schöner Anblick. Als erste Konsequenz  muss der Viehzüchter seine trächtigen Kühe und alle Kälber von der Weide holen, die normalerweise hier draußen geboren werden, und sie im Stall unterbringen. Obwohl noch nicht definitiv feststeht, dass das Kälbchen von einem Wolf gerissen wurde, ist dem 46-Jährigen das Risiko  zu hoch. Er will auf keinen Fall weitere Tiere seiner Herde verlieren.


Gestern Abend hatte er gegen halb elf eine Kuh brüllen hören und war nachschauen gegangen, was da los war. "Doch in der Dunkelheit konnte ich nichts entdecken, die Herde stand oben am Hang und war sichtlich unruhig", sagt er. "Ich habe gedacht, da ist eine Rotte Wildschweine unterwegs, das haben wir hier öfter." An die Gefahr durch einen Wolf habe er nicht gedacht - und wüsste auch keinen wirksamen Schutz dagegen. "Ein wolfssicherer Zaun ist hier überhaupt nicht zu realisieren", erklärt der Landwirt und zeigt auf das steil ansteigende und hügelige Gelände, das direkt an den Wald angrenzt. Eine Zaunanlage, die Raubtiere wirklich abhalten könnte, wäre gar nicht zu finanzieren. Der Mann ist besorgt, aber weit davon entfernt, Panik zu verbreiten. "Ich habe noch keinen Wolf in unserer Gegend gesehen, aber es wurde ja gerade gemeldet, dass jetzt schon zwei Paare in Hessen nachgewiesen wurden. Die werden sich weiter vermehren und bald Rudel bilden. Das wird nicht der letzte Riss gewesen sein", sagt er mit Sorgenfalten im Gesicht.

Doch Spekulationen helfen nicht weiter - jetzt muss zweifelsfrei geklärt werden, wie das Jungtier zu Tode kam. Der Kalbskadaver wird entsprechend beprobt und auf DNA-Spuren untersucht. Eine so genannte Rissbegleiterin vom Verein "Wölfe versus Land - Bürgerschutz vor Großraubtieren" aus Wildeck war heute an der Fundstelle in Buchenau vor Ort und untersuchte das Gelände auf Spuren und Losung. "Ein wildernder Hund kommt auch in Frage, aber für einen Fuchs ist das Kalb zu groß", ist ihre erste Einschätzung.

Landwirt Kohlmann ist frustriert und sorgt sich um seinen Rinderbestand. "Dass ich meine Tiere jetzt im Stall einsperren muss, kann ja nicht die Lösung sein. Und das ist auch nicht im Sinne von artgerechter Haltung und Verbrauchern. Die wollen doch Milch und Fleisch von Rindern, die sich frei auf der Weide bewegen können!" Jetzt sei die Politik gefragt, die unbedingt dafür sorgen müsse, dass die Lebensgrundlage von Nutztierhaltern nicht länger gefährdet werde. (Carla Ihle-Becker)+++

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