Ohne Handy und Laptop keine Sozialleistung?
Behörden in der Pandemie nur noch digital erreichbar - Ausgrenzung Bedürftiger
Symbolbilder: pixabay
08.09.2021 / REGION -
Es ist ein Dilemma: die fortschreitende Digitalisierung, die ja allseits gewünscht ist und das Leben für die allermeisten ein ganzes Stück leichter macht, grenzt aber gleichzeitig all diejenigen radikal aus, die weder Laptop noch Smartphone besitzen. Wie soll ein Wohnsitzloser mit Ämtern Kontakt aufnehmen, wenn aus Pandemie-Gründen keine Behörde mehr persönlich erreicht werden kann? Was macht ein Hartz-IV-Empfänger, um an sein Geld zu kommen, wenn die Arbeitsagentur nur Anträge in digitaler Form registriert?
Zur Kompensation solcher Schwierigkeiten hätten sich Betroffene in den letzten Monaten vermehrt an Wohlfahrtsverbände wie die Caritas gewandt. Deshalb warnt der Caritasverband für die Diözese Fulda nun davor, dass diese Menschen langfristig durch die fortschreitende Digitalisierung womöglich überfordert sind und "abgehängt" würden. "Die Klientinnen und Klienten dürfen durch die Digitalisierung nicht außen vor bleiben. Viele von ihnen benötigten das persönliche Gespräch aufgrund sprachlicher Probleme oder fehlendem Zugang zur technischen Ausstattung", sagt Diözesan-Caritasdirektor Dr. Markus Juch.
Wir haben bei drei Behörden in der Region nachgefragt, wie sie dieser schwierigen Problematik begegnen. Wie können die Betroffenen zum Beispiel die Agentur für Arbeit erreichen?
Horst Kramer, Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit Bad Hersfeld-Fulda sagt dazu:
Während des ersten Lockdowns im vergangenen Jahr fanden unsere Beratungs- und Vermittlungsgespräche zumeist telefonisch oder per Video statt, was von unseren Kundinnen und Kunden sehr gut angenommen wurde, insbesondere von Personen, die bei diesen Terminen auf die Unterstützung von Betreuern oder Dolmetschern angewiesen sind. Wir passen unser Dienstleistungsangebot ständig den Entwicklungen des Pandemiegeschehens und den Vorgaben der Regierung und unserer Zentrale an, um sukzessive zu den Bedingungen von vor der Pandemie zu gelangen."
Darüber hinaus sollen aber die herkömmlichen (analogen) Zugangswege zur Verwaltung auch weiterhin angeboten werden. Diese werden an Kundenströme und an die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger immer wieder angepasst. Dabei wird darauf geachtet, möglichst allen Bevölkerungsgruppen einen adäquaten Zugang zu ermöglichen. An erster Stelle ist dabei unser Bürgerbüro zu nennen, das barrierefrei zugänglich ist sowie unsere Telefonie, die allen Bürgerinnen und Bürgern an fünf Tagen die Woche bei Anfragen zur Verfügung steht."
Der Landkreis Fulda erklärt: "Die Fachdienste des Landratsamtes sind über verschiedene, auch nicht-digitale, Zugangskanäle erreichbar. Verstärkt wurde angesichts der Corona-Pandemie das Zugangsangebot zu den Dienstleistungen in Form von Email, Telefon, Post aufrecht erhalten. Bei Bedarf und in besonderen Einzelfällen wurde jedoch auch eine persönliche Vorsprache unter besonderen Vorkehrungen ermöglicht. Hilfesuchende konnten somit jederzeit auch ohne Nutzung von IT ihre Anliegen vorbringen." (ci)+++