Knapp dreieinhalb-stündige Sitzung

Streitthemen Kraftwerkstraße und Bürgerhaus sorgen für hitzige Debatte

Hitzige Debatte um die Kraftwerkstraße: Wann und wie kann die Straße endlich öffnen. Darüber debattierten die Stadtverordneten in Heringen ausführlich.
Archivfotos: O|N/Stefanie Harth, Gerhard Manns, Kevin Kunze

10.07.2021 / HERINGEN (W.) - Hitzige Diskussionen am Donnerstagabend in der Heringer Stadtverordnetenversammlung (Landkreis Hersfeld-Rotenburg): in der knapp dreieinhalb-stündigen Sitzung gab es dabei wenig Einigkeit und viel Streit. Besonders die Sanierung des Bürgerhauses und eine mögliche Nutzung der Kraftwerkstraße wurden kontrovers diskutiert. Einigkeit herrschte unterdessen, dass Kinder zwischen sechs und 16 Jahren in den Sommerferien, freien Eintritt für das Freibad der Werrastadt erhalten sollen.


Zunächst stand die Diskussion um das Bürgerhaus im Mittelpunkt: "Die Zeit drängt, denn in den vergangenen Monaten gab es immer wieder Vorfälle, die zeigen, dass dringend etwas passieren muss. Egal, ob verschmorte Elektroverteiler oder die völlig überholten Leitungen, die nach knapp 40 Jahren ihren Zenit überschritten haben. Bisher ist glücklicherweise alles glimpflich ausgegangen, doch das kann sich auch ändern", erklärte Bürgermeister Daniel Iliev zu Beginn der Debatte.

Sanierung ist die günstigste Variante


Iliev erklärte drei mögliche Varianten: Die Günstigste sei eine Sanierung des Gebäudes, welche rund 4,8 Millionen Euro kosten würde. Der Bürgermeister warb allerdings dafür, ergänzende Maßnahmen für die Jugend, die Verwaltung oder das Archiv miteinzubeziehen, was die Kosten auf knapp 6,2 Millionen Euro anheben würde. Dabei müsse allerdings die Stadt nicht die Gesamtkosten tragen, denn diese Projekte können auch durch Förderungen, zum Beispiel des Stadtumbaus, mitfinanziert werden.

Ex-Bürgermeister und WGH-Fraktionssprecher Hans Ries war mit den Ausführungen des Bürgermeisters überhaupt nicht zufrieden: "Der Abriss des Bürgerhauses wäre eindeutig am sinnvollsten, denn man müsste umgerechnet die dreifache Summe investieren, die man vor knapp 40 Jahren für den Bau ausgegeben hat. Welche Privatperson würde solch ein Projekt dann umsetzen. Dazu ist das Bürgerhaus, welches Anfang der 1980er-Jahre errichtet wurde für 10.000 Personen, die damals in Heringen gelebt haben ausgerichtet, nun haben wir noch knapp 7.000 Menschen, die hier leben. Deshalb ist die Lokalität auch einfach überdimensioniert."

Ähnliches Szenario wie beim alten Hallenbad droht

Doch damit nicht genug, auch mit der Kommunikation seitens des Magistrates zeigte sich Ries nicht einverstanden: "Ein in auftraggebendes Gutachten, was den Stadtverordneten vorenthalten wird, bestätigt zudem, dass der Beton eine Chlorid-Belastung aufweist und damit eine ähnliche Belastung hat, wie das Hallenbad, was derzeit abgerissen wird. Deshalb macht eine Sanierung keinen Sinn, da wir dann wahrscheinlich ein ähnliches Szenario wie mit dem Hallenbad erleben würden."

Bürgermeister Daniel Iliev widersprach dem ehemaligen Bürgermeister vehement: "Wir verschweigen den Bürgern und auch den Stadtverordneten überhaupt keine Gutachten, diese können auf Nachfrage gerne eingesehen werden. Das Thema Chlorid-Belastung müssen wir natürlich bedenken, die Studie sagt aber auch aus, dass wir den Beton nicht öffnen müssen." Weitere Punkte, wie der Zustand des Daches wurden daraufhin ebenfalls weitgehend diskutiert. Am Ende wurde mehrheitlich der Vorschlag des Magistrates angenommen, dass das Bürgerhaus saniert wird. Bei 19 Ja-Stimmen, fünf Nein-Stimmen (seitens der WGH), eine Ja-Stimme und einer Enthaltung der WGH erreichte der Vorschlag eine klare Mehrheit.

Doch die Diskussionen nahmen kein Ende, denn in der Folge wurde über das größte verkehrspolitische Thema in der Werrastadt diskutiert: die Kraftwerkstraße. Für Ries stand fest, es muss endlich etwas passieren. Seinen Vorschlag brachte er in einer engagierten Rede zum Ausdruck: "Es muss dringend etwas passieren, um die Straße endlich befahrbar zu machen. Deshalb plädieren wir für die Etablierung eines Ausziehgleises, damit der Verkehr nicht unnötig von stehenden Güterzügen, die die Schranke blockieren, aufgehalten werden muss. Und wenn es Probleme mit Grundstückseigentümern gibt, dann muss über eine Enteignung gesprochen werden, denn das Gemeinwohl steht über dem Eigenwohl."

SPD-Fraktionschef Bernd Maus zeigte sich über der Ausführungen von Hans Ries fassungslos und stellte deshalb gemeinsam mit der CDU einen Änderungsantrag: "Man muss doch endlich mal die Vergangenheit ruhen lassen und in die Zukunft blicken. Ein Ausziehgleis ist nicht möglich, deshalb unterstützen die CDU und wir vollkommen den Vorschlag von Bürgermeister Daniel Iliev einen Testlauf der Strecke zu probieren." Ries wollte sich damit allerdings nicht abfinden und hob einen Vertragspassus mit der Energy from Waste (EEW), die Straße hauptsächlich nutzt heraus: "Wenn die Straße nicht realisiert wird, dann ist die Stadt Heringen verpflichtet, die geleistete Abschlusszahlung plus fünf Prozent Zinsen an die EEW zurückzuzahlen." Bürgermeister Iliev antwortete daraufhin kurz: "Das Projekt ist realisiert, da die Straße gebaut, deshalb wird es keine Probleme mit dem Vertragspassus geben." Der Änderungsantrag seitens CDU und SPD zur Etablierung einer Testphase der Verkehrsnutzung wurde mehrheitlich angenommen: Bei 18 Ja-Stimmen, gab es fünf Nein-Stimmen und drei Enthaltungen, über den WGH-Antrag musste deshalb nicht weiter abgestimmt werden.

Kostenloser Schwimmbad-Eintritt für Kinder und Jugendliche ins Freibad während Ferien

Abschließend gab es auch noch etwas Erfolgreiches zu vermelden, denn ein Dringlichkeitsantrag von Bürgermeister Daniel Iliev, dass die Kinder aus Heringen zwischen sechs und 16 Jahren kostenfrei das Fritz Kunze Bad in den Sommerferien kostenfrei benutzen können: "Die Kinder haben durch die langen Pandemie-Monate viel gelitten und deshalb ist es ein klares Zeichen als familienfreundliche Kommune, den Kindern den freien Eintritt zum Schwimmbad zu gewähren." (Kevin Kunze)+++

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