Stadtverordnetenversammlung

Kontroverse Debatte ums "N*Wort" - Ernennungsurkunde für OB Wingenfeld

Ernennungsurkunde für OB Dr. Heiko Wingenfeld. Links: Stadtverordnetenvorsitzende Margarete Hartmann
Alle Fotos: Martin Engel

06.07.2021 / FULDA - Um zu begreifen, was das sogenannte N*Wort ist, das am Montagabend gleich in zwei Anträgen in der Fuldaer Stadtverordnetenversammlung (SVV) in der Orangerie genannt wurde und eine rege Diskussion entfachte, muss man es wenigstens ein einziges Mal benennen: Gemeint damit ist der Begriff "Neger". In einem flammenden Plädoyer forderte die Fraktionsvorsitzende der Linken, Nuha Sharif-Ali, den Magistrat auf, das Wort offiziell zu ächten. Es sei rassistisch, verletzend und in einer Zeit des Kolonialismus und der Sklaverei entstanden.



Ausgerechnet die AfD stellte einen Änderungsantrag. Das Ansinnen der Linken sei überflüssig, in Fulda gebe es keinen Rassismus, und überhaupt decke die UN-Dekade, die sich für die Rechte von Menschen auch mit afrikanischen Wurzeln einsetzt, alles ab. In Fulda bestehe kein weiterer Regelungsbedarf, so Pierre Lamely.

Hans-Dieter Alt (CDU) verwehrt sich dagegen, dass Linke und Rechte im Gremium eine ideologische Debatte entfachen: "Das Wort wird von vielen als beleidigend empfunden. Aber es gibt ebenso viele – vor allem auch Ältere – die es gebrauchen, ohne dabei jemanden verletzen zu wollen." In Fulda habe man in der Flüchtlingskrise großes Engagement gezeigt. "Es fehlt hier nicht an Schutz vor Rassismus. Die CDU lehnt den Antrag ab."

Silvia Brünnel von den Grünen stimmte dem Antrag der Linken im Kern zu, folgte ihm aber nicht in Gänze in der Begründung. "Da wird Fulda zu pauschal verurteilt." Ihre Fraktion stimme zwar zu, "freilich mit Enthaltungen". Michael Grosch von der FDP meinte, der Antrag sei ein unredliches Herbeireden von Problemen in Fulda. "Wir werden mit diesem Antrag nicht die Welt retten und ihn ablehnen."

Jonathan Wulff (SPD) rechnete besonders mit der AfD ab: "Sie hätten sich bei ihrem Änderungsantrag besser mal von Björn Höcke distanzieren sollen. Die SVV wird immer mehr zur Bühne des Kulturkampfes zwischen Linken und Rechten. Wir sind alle gegen Rassismus, aber den Begriff zu ächten, ist nicht die Aufgabe der Stadt. Wir enthalten uns." Beide Anträge wurden mehrheitlich abgelehnt.

Neben einigen Beschlüssen, etwa über zwei Neubaugebiete, die in den Stadtteilen Oberrode und Bronnzell entstehen sollen, oder einen neuen Sportplatz auf dem Gelände der Heinrich-von-Bibra-Schule (auf dem alten vis-à-vis der Straße soll bezahlbarer Wohnraum entstehen), gab es noch mehrere Anfragen zu den Themen Raumlüftungskonzepte in Schulen oder auch die Auswirkungen des Starkregens in der jüngsten Vergangenheit. Beides wird die Stadt sicherlich noch ein Weilchen beschäftigen.

Zu Beginn der Sitzung bekam Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld die Ernennungsurkunde für seine zweite sechsjährige Amtszeit. "Ich bin 2015 angetreten mit dem Bibelvers: Suchet der Stadt Bestes!", so der OB. "Und wir werden auch in Zukunft alle Herausforderungen meistern, wenn der Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung – trotz aller Unterschiede in den Fraktionen – an einem Strang ziehen." Neugewählter ehrenamtlicher Beigeordneter mit der Amtsbezeichnung Stadtrat ist seit Montag der Grünen-Politiker Jochen Kohlert. (mw) +++


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