Aktueller denn je
"Zeit ist Leben": Momo berührt mit intensivem Spiel – umjubelte Premiere
Fotos: Carina Jirsch
04.07.2021 / BAD HERSFELD -
"Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen", weiß das Mädchen mit den Sternenaugen, das so wahnsinnig gut zuhören kann. Theater für die ganze Familie, das tief berührt, bietet Georg Büttels Inszenierung von Momo bei den Bad Hersfelder Festspielen. Hektisches Treiben, digitale Welt, Burnout: Aktueller denn je kommt Michael Endes Märchen-Roman daher, den der Schriftsteller 1973 veröffentlicht hat. Die Geschichte vom Kampf gegen die Zeitdiebe ist auch fast 50 Jahre nach ihrem Erscheinen noch augenblicklich.
"Geh doch zu Momo"
Plötzlich tauchen graue Frauen und Herren, die E-Zigaretten rauchenden Agenten einer "Zeitsparkasse", auf. Das Lesen von Büchern, das Halten von Wellensittichen, die stündlichen Besuche bei der Mutter und die Aktivität im Gesangverein seien unnütz, betont XYQ/384/B, die Chefin der Grauen (herrlicher eiskalter Apparatschik: Pia Kolb). Während die Menschen immer hektischer werden, vergessen sie, im Jetzt zu leben und das Schöne zu genießen. Momo spürt die Kälte, die dadurch aufkommt, und will etwas dagegen tun.
"Es wird kalt…"
Mit unglaublicher Intensität fesselt Georg Büttels Inszenierung das Publikum. "Drive" beschert dem Stück zudem, dass die meisten Akteure gleich in mehrere Rollen schlüpfen: mal in die der Erwachsenen, mal in die der Kinder und mal in die der garstigen Zeitdiebe. Grandios umgesetzt von der Band der Bad Hersfelder Festspiele: die wunderschöne Musik von Wilfried Hiller, die jeder Szene noch mehr Tiefgang verleiht.