Der Stadtpfarrer bei O|N
Impulse von Stadtpfarrer Buß: Brot in deiner Hand
Archivfoto: O|N/Hendrik Urbin
09.06.2021 / REGION -
Dies wird in der Geschichte "Brot in deiner Hand" von Heinrich Mertens deutlich. In der Jakobstraße in Paris liegt ein Bäckerladen; da kaufen viele hundert Menschen ihr Brot. Der Besitzer ist ein guter Bäcker. Aber nicht nur deshalb kaufen die Leute des Viertels dort gern ihr Brot. Noch mehr zieht sie der alte Bäcker an: der Vater des jungen Bäckers. Meistens ist nämlich der alte Bäcker im Laden und verkauft. Dieser alte Bäcker weiß, dass man Brot nicht nur zum Sattessen brauchen kann, und gerade das gefällt den Leuten. Manche erfahren das erst beim Bäcker an der Jakobstraße, zum Beispiel der Autobusfahrer Gerard, der einmal zufällig in den Brotladen an der Jakobstraße kam. "Sie sehen bedrückt aus", sagte der alte Bäcker zum Omnibusfahrer. Ich habe Angst um meine kleine Tochter", antwortete der Busfahrer Gerard.
"Sie ist gestern aus dem Fenster gefallen, vom zweiten Stock." "Wie alt?", fragte der alte Bäcker. "Vier Jahre", antwortete Gerard. Da nahm der alte Bäcker ein Stück vom Brot, das auf dem Ladentisch lag, brach zwei Bissen ab und gab das eine Stück dem Busfahrer Gerard. "Essen Sie mit mir", sagte der alte Bäcker zu Gerard, "ich will an Sie und Ihre kleine Tochter denken." Der Busfahrer Gerard hatte so etwas noch nie erlebt, aber er verstand sofort, was der alte Bäcker meinte, als er ihm das Brot in die Hand gab. Und sie aßen beide ihr Brotstück und schwiegen und dachten an das Kind im Krankenhaus. Zuerst war der Busfahrer Gerard mit dem alten Bäcker allein. Dann kam eine Frau herein. Sie hatte auf dem nahen Markt zwei Tüten Milch geholt und wollte eben noch Brot kaufen. Bevor sie ihren Wunsch sagen konnte, gab der alte Bäcker ihr ein Stück Weißbrot in die Hand und sagte: "Kommen Sie, essen Sie mit uns: Die Tochter dieses Herrn liegt schwer verletzt im Krankenhaus – sie ist aus dem Fenster gestürzt. Vier Jahre ist das Kind. Der Vater soll wissen, dass wir ihn nicht allein lassen." Und die Frau nahm das Stückchen Brot und aß mit den beiden. So war das oft in dem Brotladen, in dem der alte Bäcker die Kunden bediente. Aber es passierte auch anderes, über das sich die Leute wunderten. Da gab es zum Beispiel einmal die Geschichte mit Gaston: An einem frühen Morgen wurde die Ladentür aufgerissen und ein großer Kerl stürzte herein. Er lief vor jemandem fort, das sah man sofort. Und da kam ihm der offene Bäckerladen gerade recht. Er stürzte also hinein, schlug die Tür hastig hinter sich zu und schob von innen den Riegel vor. "Was tun Sie denn da?" fragte der alte Bäcker. "Die Kunden wollen zu mir herein, um Brot zu kaufen. Machen Sie die Türe sofort wieder auf." Der junge Mann war ganz außer Atem. Und da erschien vor dem Laden auch schon ein Mann wie ein Schwergewichtsboxer, in der Hand eine Eisenstange. Als er im Laden den jungen Kerl sah, wollte er auch hinein. Aber die Tür war verriegelt.