Mut fassen und Beratungsstelle aufsuchen!
Häusliche und sexualisierte Gewalt: "Pandemie verstärkt Belastungsmomente"
Symbolbild: Pixabay
02.06.2021 / FULDA -
Die Corona-Krise hinterlässt Spuren – auch in den eigenen vier Wänden. Ohnehin schon angespannte Situationen zu Hause verschärfen sich. "Die Pandemie ist eine Belastungsprobe", konstatiert Petra Hohmann, Diplom-Sozialpädagogin und Leiterin der Opfer- und Zeugenhilfe Fulda, gegenüber OSTHESSEN|NEWS. Häusliche und sexualisierte Gewalt hätten zugenommen. "Wir geben Betroffenen auf den Weg, mutig zu sein und sich bei uns zu melden. Dabei geht es um viel Scham, die es zu überwinden gilt." Jedoch stünden die Opfer solcher Straftaten keineswegs alleine da.
"Spannungsabbau fehlt"
Das Problem: "Es gibt in dieser Zeit weniger Ventile zum Abbauen. Das Vereinsleben ist runtergefahren und soziale Kontakte sind reduziert, so können Nöte schlechter erkannt werden", ergänzt Diplom-Sozialpädagoge Carsten Fischer. Die Pandemie und deren Folgen verursache oftmals eine stärkere Gereiztheit. "Die Frustration ist gestiegen. Sorgen über die finanzielle Lage und die Arbeit sowie die Umsetzung von Home-Schooling stellen vermehrt Stressfaktoren dar", so der 43-Jährige.In Pandemie-Zeiten: Opferberatungsstelle geöffnet
Die im März 2018 gegründete Beratungsstelle bietet kostenfrei und vertraulich - auf Wunsch auch anonym - Hilfe und Unterstützung an. Der Fokus liegt dabei auf Erwachsenen und Jugendlichen ab 14 Jahren. Trotzdem sei Netzwerkarbeit gefragt, schließlich müssten auch Kinder entsprechend Schutz erhalten. "Wir haben in der Lockdown-Zeit durchgängig geöffnet. Telefonisch oder per Videoberatung sind bei uns Gespräche möglich", sagt Hohmann. Präsenztreffen seien besonders in krisenreichen Situationen erforderlich. "Wir haben das Glück, dass wir in unseren Räumlichkeiten ausreichend Platz haben. Hygienevorschriften können eingehalten werden, zusätzlich haben wir noch einen Raumfilter."Beratungsstelle orientiert sich an drei Säulen
Die Arbeit in der Opfer- und Zeugenhilfe basiert auf drei Säulen: Information, Beratung und Begleitung. "Zunächst einmal müssen Betroffene sich über Möglichkeiten informieren können, wie das Geschehene verarbeitet werden kann", erklärt Hohmann, die zusätzlich Fachberaterin für Psychotraumatologie (DIPT) ist. Wichtig: Es handle sich bei dem Angebot um keine Therapie. "Dann kommt natürlich die Frage auf, ob die erlebte Straftat zur Anzeige gebracht wird oder nicht." Oftmals seien es Einzelfallentscheidungen. Fischer als Psychosozialer Prozessbegleiter fügt hinzu: "Es ist keine leichte Situation, manchmal handelt es sich um den eigenen Ehemann oder eine nahestehende Person." Trotzdem müsse Abhilfe geschaffen werden. "Besonders wenn Kinder zusätzlich betroffen sind, die haben ganz feine Antennen und spüren, dass etwas nicht stimmt." Muss dementsprechend eine Aussage vor Gericht gemacht werden, werden Betroffene von den Mitarbeitern begleitet. "Wir bereiten die Klienten auf die Gerichtsverhandlung vor, begleiten sie und führen im Nachgang Gespräche." Schließlich sei die Konfrontation mit dem Täter emotional eine Herausforderung.Die beiden Sozialpädagogen appellieren an Hilfesuchende, Vertrauen in sich selbst zu fassen und den ersten Schritt in die richtige Richtung zu wagen. Weitere Informationen zur Opfer- und Zeugenberatung gibt es unter info@fuldaer-hilfe.de oder per Telefon unter 0661/90192470. (mkr) +++