BMW kollidiert mit Pedelecfahrerin
Nach tödlichem Unfall: "Hand aufs Herz: das hätte uns auch passieren können"
O|N-Archivbilder
07.05.2021 / FULDA -
An der Unfallstelle knapp hinter dem Ortsausgang ist die Geschwindigkeit auf 70 km/h reglementiert. Zusätzlich warnt das Gefahrenzeichen vor Radfahrern. Auch das hatte der Fahrer beim Überholen übersehen. Am Donnerstag musste er sich vor dem Amtsgericht Fulda wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung verantworten. Der 40-jährige gebürtige Kroate wohnt seit drei Jahren in Fulda und arbeitet in einer Spedition. An dem damals von der Polizei und einem Gutachter ermittelten Unfallablauf gab es keinerlei Zweifel. Das räumte auch gleich zu Beginn der Verhandlung der Verteidiger des angeklagten Fahrers in vollem Umfang ein. Der drückte über seinen Dolmetscher auch sein großes Bedauern über den schrecklichen Unfalltod der Frau aus.
"Egal, was hier rauskommt: das macht meine Frau nicht wieder lebendig!"
Als unmittelbarer Zeuge des Unfalls sagte vor Gericht der 87-jährige Beifahrer des Fords aus, den der BMW-Fahrer überholen wollte. Tatsächlich sei seine Frau sehr langsam durch den Ort gefahren und habe auch auf der Landstraße nicht beschleunigt, weil sie die beiden Radfahrer vor sich hatte. Plötzlich habe der BMW, der hinter ihnen fuhr, zum Überholen angesetzt, weil er die Radfahrer offenbar nicht gesehen habe. Die Frau auf dem Pedelec sei auf der Motorhaube gelandet und gegen die Frontscheibe geprallt, berichtete der Zeuge. "Der BMW-Fahrer war nervlich kaputt, er lief ständig am Unfallort hin und her", sagte er auf die Frage des Staatsanwalts zu dessen Nachtatverhalten.
"Bei Tempo 70 wären alle mit dem Schrecken davongekommen!"
Staatsanwalt Jan Hofmann wertete bei seinem Plädoyer das Geständnis und die Reue des Angeklagten positiv. Obwohl gegen ihn schon zwei Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen jeweils 23 Km/h zu schneller Fahrweise verhängt worden seien, liege hier kein Fall von blindwütiger Raserei vor. "Für ihn und den Mann des Opfers ist seit diesem Tag nichts mehr wie es war." Er plädierte für eine Geldstrafe von 6.000 Euro und die Verhängung eines dreimonatigen Fahrverbots. Der Verteidiger verzichtete auf einen konkreten Strafantrag.
Richter Szymon Mazur folgte beim Strafmaß weitgehend dem Staatsanwalt, reduzierte die Geldstrafe aber auf 5.250 Euro. Bei seiner Urteilsbegründung stellte er die Frage in den Raum: "Hand aufs Herz, wem von uns hätte das nicht passieren können?" Auch er sei schon "an fiesen Stellen auf der A 66" geblitzt worden. Der Angeklagte sei kein Verkehrsrowdy. "Wir alle sollten darüber nachdenken, ehe wir uns an Steuer setzen, dass wir Verantwortung für alle anderen Verkehrsteilnehmer haben", mahnte Mazur.
Da der Verteidiger das Urteil im Namen des Angeklagten annahm und auf Rechtsmittel verzichtete, hat es bereits Rechtskraft. (Carla Ihle-Becker) +++