Horten auf der Baustelle!

Lieferengpässe und Preisexplosion bei Baustoffen: "Staat sollte eingreifen"

Die Preise für zahlreiche Baustoffe sind seit Jahresbeginn enorm gestiegen.
Fotos: Adobe Stock / Sondem

29.04.2021 / REGION - Die Preise für Baustoffe wie Stahl, Holz und Bitumen sind seit Jahresbeginn rasant gestiegen. Lieferschwierigkeiten und Bauverzögerungen setzen auch regionalen Unternehmern zu. Einer der Gründe ist die gestiegene Nachfrage aus dem Ausland.


Auf dem ehemaligen "L14"-Areal in der Langebrückenstraße befindet sich Fuldas größte Baustelle: Auf sieben Häuserblöcke verteilt entstehen dort 86 Wohneinheiten. Investor Martin Geisendörfer hat die Marktentwicklungen in den letzten Monaten hautnah miterleben können: "Auf der Baustelle sieht es momentan aus wie am Bauhof: Die Firmen horten Materialien, versuchen zu bekommen, was möglich ist und bauen vor. Vor allem bei Rohren und Dämmmaterialien gibt es momentan Lieferprobleme." Durch Aufschläge bei den Materialpreisen könnten vereinbarte Preise bei Projekten nicht mehr eingehalten werden, die Baukosten würden erheblich nach oben getrieben. "Nach Aussage unserer Lieferanten ist dafür unter anderem die stark gestiegene Nachfrage aus den USA und China verantwortlich." Auch der Bauindustrieverband Hessen-Thüringen sieht die belebte Konjunktur in Asien als einen der Preistreiber bei Rohstoffen.

"Es kommt alles zusammen"

Zusätzlich zur gestiegenen externen Nachfrage kommen die eingeschränkten Lieferkapazitäten mancher Hersteller, die wegen jahrelang stagnierender Preise Überkapazitäten abgebaut und Investitionen zurückgefahren haben, schon vor der Corona-Pandemie. "Es kommt alles zusammen momentan: Ein Werk in Belgien, das mit seiner Produktion von Granulat für Kanalgrundrohre sonst beinahe den gesamten deutschen Markt abgedeckt hat, hat Produktionsprobleme. Und der Stoff ist in vielen Produkten, von der Dämmung über die Rohre bis hin zum Farbeimer. Die Stahlpreise sind ohnehin schon seit letztem Jahr hoch. Außerdem hat der ländliche Raum gerade durch Corona stark an Zuspruch gewonnen, Bauprojekte dort können durch Lieferprobleme in Verzug geraten", erklärt Benedikt Leinweber vom Leinweber Baucentrum.

"Ausfuhrstopp könnte helfen"

Die Lieferketten für bestimmte Baustoffe seien innerhalb von drei Wochen zusammengebrochen, berichtet Dirk Bodes, geschäftsführender Gesellschafter der Ingenieurgesellschaft Rebo-Consult. "US-Präsident Joe Biden hat ein Zwei-Billionen-Dollar-Programm für den Klimaschutz in die Wege geleitet. Ökologisches Bauen wird zum Boom in den USA werden, selbst Dämmstoffe werden inzwischen zum Spekulieren verwendet. Das macht sich am Markt bemerkbar. Vater Staat könnte einen Ausfuhrstopp verhängen, das würde helfen, die Preisentwicklung einzudämmen." Dem stimmt auch Geisendörfer zu: "Ein Ausfuhrstopp für manche Baumaterialien wäre momentan sinnvoll, sonst ist Bauen in Deutschland bald nicht mehr bezahlbar."

"Wir versuchen, über unsere Verbände die Auftraggeber zu sensibilisieren für die Problematik. Die Bauindustrie kann wenig machen, wir sind an unsere Quellen weitgehend gebunden. Es kommt zu Lieferverschiebungen, glücklicherweise noch nicht zu Baustopps auf unseren Baustellen. Eine der Möglichkeiten, unser Risiko zu mindern, wäre, Preisgleitklauseln wieder in die Verträge aufzunehmen. Gerade bei Stahl kommt es häufiger zu Preissteigerungen, da sind solche Klauseln, die Preissteigerungen berücksichtigen, eher verbreitet. Die andere Möglichkeit wäre, mit verkürzten Bindefristen zu arbeiten: Es kann von der Auftragsvergabe bis zum Baubeginn bis zu einem halben Jahr dauern, abhängig von der Auftragsvergabestelle. Diese Fristen zu verkürzen wäre momentan ein gutes Mittel zur Risikominderung", erklärt Marco Auth vom Vorstand der Bickhardt Bau AG. (mau) +++

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