Besorgter Leser malt schwarz
Soll das älteste Haus Fuldas in der Löherstraße etwa abgerissen werden?
Fotos: Marius Auth
29.04.2021 / FULDA -
Droht die Abrissbirne ausgerechnet dem ältesten Haus Fuldas? "Ich möchte Sie davon in Kenntnis setzen, dass in Fulda ein großes Abriss- und Neubauprojekt unmittelbar bevorsteht, von dem die Öffentlichkeit noch nicht unterrichtet worden ist. Vor kurzem sind Abrissgenehmigungen für zwei kulturgeschichtlich wertvolle Häuser in der Löherstraße, also mitten in der Altstadt, erteilt worden. Es geht um die Häuser mit den Nummern 44 und 46. Das Haus mit der Nummer 46 stammt aus dem 18. Jahrhundert, das Haus mit der Nummer 44 eventuell sogar aus dem 16. Jahrhundert." Das schreibt uns anonym ein offenbar sehr besorgter Bürger, der mit "ein alter Johannesberger" unterschrieben hat. "Durch den Abriss verliert die Löherstraße ihr Gesicht", befürchtet er.
Anhand von Bohrkernen, die aus den Balken der Baukonstruktion entnommen werden, kann deren Alter exakt bestimmt werden. Die Sachverständigen des Ingenieurbüros Inres Altbau- und Denkmalservice datieren den Befund von drei der untersuchten Balken aus dem Gebäude Nr. 44 auf das Jahr 1335. Eine auffällige Häufung in diesem Gebäude stammt aus dem Zeitraum 1527/28. Hierbei kann es sich auch um Reparaturen handeln. "Damit wäre das Haus 50 Jahre älter als das aus dem 14. Jahrhundert stammende Fachwerkhaus in der Kronhofstraße 79", sagt Rainer Korte vom Büro Inres.
Archäologische Untersuchung im Gerberkanal
Die bevorstehende Restaurierung der Gebäude wird das Gesamtbild des unteren Straßenabschnitts sicherlich heben, denn die zum Teil seit Jahren leerstehenden Häuser sind arg mitgenommen. Bevor der von Nicole Lomb beauftragte Architekt Stephan Koch mit der Projektplanung beginnt, untersucht die Kreis- und Stadtarchäologin Milena Wingenfeld erst noch den durch den Rückbau freigelegten 400 Jahre alten Gerberkanal. In der gemauerten Sandsteinrinne haben die Gerber, die der Gasse ihren Namen gaben, früher ihre flüssigen Abfälle entsorgt.Wie die benachbarten denkmalgeschützten Gebäude nach Sanierung und Umbau schließlich genutzt werden sollen, ist noch offen. Ein Abriss steht auf jeden Fall definitiv nicht zur Debatte. (Carla Ihle-Becker)+++