Tragödie hinterlässt großes Leid
Urteil im Wasserkuppenflugunfall: Bewährungsstrafe wegen fahrlässiger Tötung
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19.03.2021 / FULDA -
Das Gericht beschloss trotzdem, das Urteil noch am selben Tag zu fällen - und nicht wie zunächst vorgesehen erst am nächsten Verhandlungstag.
Mildes Urteil, mit dem alle einverstanden sind
Der Angeklagte wurde am Nachmittag zu sechs Monaten Haft auf zwei Jahre zur Bewährung wegen fahrlässiger Tötung in drei Fällen und Übernahme der Kosten des Verfahrens verurteilt. Weil der Angeklagte angekündigt hatte, einen Geldbetrag von 5.000 Euro an den Nebenkläger zu zahlen und die Kammer die Erwartung hat, dass er dies auch tun werde, wurde von der Erteilung weiterer Bewährungsauflagen und –weisungen abgesehen. Alle Verfahrensbeteiligten verzichteten im Anschluss darauf, Rechtsmittel einzulegen.
Richter Josef Richter begründete das Urteil, nachdem er eingangs erklärt hatte, dass er während des Verfahrens häufig daran gedacht habe, wie schnell und unwiderruflich eine geringe Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht das Leben vieler Menschen für immer verändern könne. Dem Angeklagte attestierte er, er sei sicher, dass es sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe, deshalb habe er zum ersten Mal in seinen 30 Jahren als Richter auf eine Bewährungsauflage verzichtet. "Sie stehen zu Ihrer Tat und haben die Verantwortung dafür übernommen, das verdient unseren Respekt", sagte er der Richter.
Der Staatsanwalt, selbst erfahrener Flieger, erläuterte ausführlich, welchen fatalen Fehler der 58-jährige Ludwigshafener beim Landeanflug auf das als schwierig geltende Gelände des Wasserkuppenflugplatzes gemacht habe. "Als der Pilot merkte, dass sich die Maschine 'nicht hinsetzte', wie es im Fliegerjargon heißt, wollte er wieder durchstarten, was aber angesichts der ansteigenden Landebahn, seiner geringen Geschwindigkeit von 70 Knoten und der besonders geringen Luftdichte auf Deutschlands höchstgelegenem Landeplatz misslang. Dass er die Überladung der Maschine durch die Vollbetankung nicht zuvor überprüft habe, sei ihm als Verletzung der Sorgfaltspflicht anzulasten. Es bleibe der Tatbestand der fahrlässigen Tötung.
Dass der 58-Jährige unter dem entsetzlichen Unglück, das er verursacht hatte, leidet, stand außer Frage. Schon beim Auftakt des Prozesses hatte er geweint und minutenlang um Fassung gerungen. Sein Verteidiger Steffen Lindberg stellte in seinem Plädoyer heraus, dass sein Mandant seit 32 Jahren unfallfrei fliege, nicht vorbestraft sei und sich auch im Straßenverkehr nie etwas zu Schulden habe kommen lassen. Kein Augenblicksversagen sei für das Unglück ursächlich gewesen, sondern eine Verkettung tragischer Umstände. Sein Mandant habe alles zur Aufklärung des Geschehens vor Gericht beigetragen, "seine Karten auf den Tisch gelegt" und niemals jemanden gefährden wollen.
Lindberg brachte eine selten verhängte Strafe zur Sprache und plädierte dafür, dem Angeklagten eine Verwarnung mit Strafvorbehalt auszusprechen, das heißt, die Zahlung einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen solle zur Bewährung ausgesetzt werden. Sein Mandant müsse schon für die nicht geringen Prozesskosten aufkommen. Der vom Staatsanwalt vorgeschlagenen zusätzlichen Auflage einer ehrenamtlichen Betätigung bei einem Rettungs- oder Opferschutzverein stimmte er ausdrücklich zu.
Bei seinem hochemotionalen Schlusswort überwältigte den 58-Jährigen erneut seine Trauer und Reue. "Meine Empathie gilt den Hinterbliebenen. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an die Opfer gedacht habe", sagte er unter Tränen. Er habe Gelegenheit gehabt Mutter und Schwester der getöteten Frau im Gericht zu sprechen und Aussicht, gemeinsam mit ihnen an das Grab gehen zu können. (Carla Ihle-Becker +++