Fall gab zunächst Rätsel auf!

Chefarzt am HJK warnt: Corona-Patienten nicht vor Wiederansteckung geschützt

Chefarzt Prof. Bernd Kronenberger ist besorgt über die schnelle Ausbreitung der Corona-Mutation und die Möglichkeit einer Reinfektion von genesenen Corona-Patienten
Fotos: Martin Engel

18.03.2021 / REGION - Der kürzlich aufgetretene Fall einer Corona-Patientin hat im Herz-Jesu-Krankenhaus Fulda bei den Ärzten zunächst für Kopfzerbrechen gesorgt. "Das war eine echte Kopfnuss für uns", sagt Prof. Dr. med. Bernd Kronenberger, Chefarzt der Inneren Medizin, Gastroenterologie, Hepatologie, Diabetologie und Kardiologie im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS. Bei einer Routinekontrolle wegen einer anstehenden Operation stellte sich heraus, dass die Frau sich mit Covid-19 infiziert hatte, obwohl sie bereits fünf Monate zuvor eine Corona-Infektion überstanden hatte.


Zuerst dachten die behandelnden Mediziner, die erste Erkrankung sei nicht vollständig ausgeheilt gewesen und habe sich schleichend fortgesetzt. Doch durch genauere Befragung des Umfelds konnte schließlich verifiziert werden, dass sich die Patientin tatsächlich ein zweites Mal angesteckt hatte. Im O|N-Interview erklärt er die Hintergründe.

Prof. Kronenberger ist es ein dringendes Anliegen, dass möglichst viele Menschen über diese Möglichkeit informiert werden und sich entsprechend vorsichtig verhalten. "Natürlich verunsichert das ein weiteres Mal in diesen sowieso belasteten Zeiten - für die Patienten ist es wirklich schlimm", sagt der Mediziner. Umso wichtiger sei aber, dass Symptome schnellstmöglich auf ihre Ursache untersucht bzw. getestet würden. Er sieht die Information über mögliche Re-Infektionen auch als wichtigen Hinweis für seine niedergelassenen Kollegen:innen, die es in ihrer Praxis durchaus mit wieder infizierten Patienten zu tun bekommen könnten und diese Option immer in Erwägung ziehen müssten, um weitere Ansteckungen zu verhindern. Bislang sind diese Fälle noch die Ausnahme. Wie häufig sich ein von Corona-Genesener tatsächlich erneut infiziert, ist noch gar nicht valide erhoben worden. "Die Dunkelziffer ist hierbei hoch, weil die wenigsten Patienten überhaupt von dieser potenziellen Gefahr wissen und sich nach einer überstandenen Krankheit natürlich für immun halten", sagt Prof. Kronenberger. 

Im Herz-Jesu-Krankenhaus haben es die Ärzte - wie überall in Deutschland - inzwischen vermehrt mit der britischen Mutation B.1.1.7. des Virus zu tun, das sich rasant ausbreitet: die Infektionen mit der wesentlich ansteckenderen Mutante seien bereits bei der Mehrheit der Patienten nachzuweisen. "Die Übertragung von Mensch zu Mensch funktioniert dabei wesentlich schneller, als wir das bisher kannten. "Sie können sich schon auf zwei Metern Distanz im Freien anstecken", warnt Prof. Kronenberger.

Den Ausweg aus dem Teufelskreis immer neu ausbrechenden Wellen sieht er eindeutig in der Strategie flächendeckender Impfungen, der möglichst baldigen Zulassung weiterer Vakzine und er setzt auch Hoffnungen auf die Möglichkeit, vermehrter Selbsttestungen. Durch die vielen Testungen könnten auch asymptomatische Infektionen schneller erkannt und das gefährdete Umfeld entsprechend isoliert werden. Die Selbsttester dürften nur nicht vergessen, dass das Ergebnis lediglich eine Momentaufnahme sei, die nur zwölf Stunden Gültigkeit habe und ein Negativ-Test keinesfalls einen Freibrief für ungeschützte Kontakte und sorglosen Umgang darstelle. "Nach wie vor ist größte Vorsicht und die Einhaltung aller Hygiene- und Abstandsregeln zu beachten", mahnt der Mediziner. (Carla Ihle-Becker) +++

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