Stadtbaurat Schreiner wehrt sich

"Umbau" des Aueweihers: Vogelschützer und NABU gehen auf die Barrikaden

Gefällte Bäume am Aueweiher
Fotos: Lothar Herzig, Carina Jirsch, Martin Engel, O|N-Archiv

11.02.2021 / FULDA - Zoff um den Aueweiher: Im Zuge der Gewässersanierung und im Hinblick auf die Landesgartenschau 2023 wird dort in den nächsten Wochen die Landzunge, die den nördlichen vom südlichen Teil des Aueweihers trennt, an zwei Stellen durchbrochen. 18 Bäume müssen dafür gefällt werden. Nun gehen die Staatliche Vogelschutzwarte Hessen sowie der NABU Fulda und Künzell e.V. auf die Barrikaden.


"Der NABU ist maßlos enttäuscht darüber, dass die Stadt Fulda auf keinen der Vorschläge zum Erhalt der Aueweiher in der bisherigen Form eingegangen ist und unbeirrt ihre Maßnahmen durchzieht", heißt es in einer Pressemitteilung vom Mittwochmorgen. "Die Stadt Fulda konnte in Gesprächen in keiner Weise nachweisen, dass die Zusammenlegung beider Weiher für die Gewässersanierung notwendig ist, zumal dies auch aus keinem der Gutachten hervorgeht. Die knapp 3.000 Unterschriften gegen die Zusammenlegung der Weiher und die damit verbundenen Baumfällungen zeigen die große Zustimmung der Bevölkerung für die Sichtweise des NABU."

Ähnlich skeptisch sieht auch der Kreisbeauftragte der Staatlichen Vogelschutzwarte Hessen, Lothar Herzig, die Rodung: "Die Stadt suggeriert, dass es beim Fällen von 18 Bäumen bliebe, und verschweigt, dass sich die erfolgten Fällungen nur auf die Gewässersanierung und nicht auf die Arbeiten zur Landesgartenschau mit einem Brückenbau und vielen anderen Gestaltungselementen bezieht", schreibt er. "Durch die Vorbereitung dieser Eingriffe wird daher demnächst die Rodung weiterer ca. 40 Bäume des eigentlich bundesgesetzlich geschützten alten Auwaldes erforderlich."

Dies bestätigt Stadtbaurat Daniel Schreiner (parteilos) in einer Pressemitteilung: "Die Zahl von 18 gefällten Bäumen hat sich immer auf die Durchbrüche der Landbrücke bezogen. Für die Erweiterung des Aueweihers im Norden und die Installation des Holzdecks mit Wassergarten werden ca. 16 weitere kleine und mittelgroße Bäume entfernt. Die vier großen Weiden hätten wir gerne erhalten - nach Abwägung des Zustandes und Alters wurde aber aus Gründen der Verkehrssicherheit entschieden, die Bäume zu fällen und durch entsprechend große Neupflanzungen zu ersetzen."

Im Zuge der Umgestaltung des ehemaligen Parkplatzes an der Hornungsbrücke und der Neuregelung des Überlaufes des Aueweihers würden im Herbst weitere ca. 15 Bäume gefällt. Für die neuen Fuß- und Radwegestege Hornungsmühle und Badegarten müssten im Bereich der Widerlager voraussichtlich sieben kleine bis mittelgroße Bäume gefällt werden.

Vogelschutzbeauftragter Lothar Herzig weist darauf hin, dass ein Baum erst im Alter von über 40 Jahren z. B. für Spechte nutzbar wird. Mithin könne eine Neupflanzung, wie von der Stadt vorgesehen, einen solchen Eingriff ökologisch funktional gar nicht ausgleichen. Und weiter: "Von den Behauptungen einer Erhöhung der Biodiversität kann bei der Schädigung eines gesetzlich geschützten Auwaldes gar keine Rede sein. Sie belegen lediglich die Ignoranz der Stadt gegenüber nationalen wie internationalen Vereinbarungen zur Erhaltung der Biodiversität."

Dem widerspricht der Stadtbaurat: "Mit der Sanierung der Aueweiher und der damit verbundenen Verbesserung der Gewässerqualität wird das Ökosystem ,Gewässer‘ deutlich verbessert, womit auch die Erhöhung der Biodiversität angestrebt wird. Biodiversität bedeutet neben genetischer Vielfalt und Artenvielfalt auch die Lebensraumvielfalt", so Schreiner. Die Planungen der Gewässersanierung sähen die Anlage von Flachwasserbereichen, Röhricht- und Schilfflächen vor. Diese Strukturen fehlten derzeit fast vollständig am Aueweiher.

"Der Stadt und der LGS-GmbH geht es offenkundig um die Ausrichtung einer kommerziell ausgerichteten Leistungsschau des Landschaftsgartengewerbes zu Lasten der natürlichen Entwicklung einer Auelandschaft und deren Biotopvernetzung", so der Vorwurf von Lothar Herzig. Dies spiegele sich auch in der Zusammensetzung der stimmberechtigten Jurymitglieder des LGS-Ideen- und Realisierungswettbewerbs aus acht Landschaftsarchitekten, dem Bauausschussvorsitzenden Werner Krah, dem Stadtbaurat, aber keinem einzigen Naturschutzvertreter.

"Sowohl bei der Erstellung der Machbarkeitsstudie zur Ausrichtung einer Landesgartenschau als auch bei der Formulierung der Wettbewerbsaufgabe waren Vertreter aus Umwelt- und Naturschutz eingebunden", kontert Daniel Schreiner. "Für das Preisgericht waren sieben Naturschutzkundige als Berater für die Jury tätig, darunter auch ein Vertreter aus dem Hessischen Umweltministerium. Den stimmberechtigten Landschaftsarchitekten völlige ,Ignoranz‘ gegenüber Umwelt- und Naturschutz zu unterstellen, widerspricht einerseits dem Berufsbild sowie andererseits der auf Langfristigkeit ausgerichteten Aufwertung der Grünflächen im Bereich der LGS." (mw/pm) +++

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