Wer ist Schuld am Corona-Hotspot Fulda?

Landkreis zu den hohen Zahlen: "Wer viel testet, findet viele Fälle!"

Fulda ist auf dem Corona-Radar der tiefrote Fleck in Westdeutschland. Seit 14 Tagen führt der Landkreis Fulda als Hotspot Nummer 1 die Hessen-Statistik an und am Freitag ist er laut Robert-Koch-Institut (RKI) auf Platz 10 in Deutschland.
Fotomontage: O|N

23.01.2021 / FULDA - Fulda ist auf dem Corona-Radar der tiefrote Fleck in Westdeutschland. Seit 14 Tagen führt der Landkreis Fulda als Hotspot Nummer 1 die Hessen-Statistik an und am Freitag ist er laut Robert-Koch-Institut (RKI) auf Platz 10 in Deutschland. Keine gute Bilanz. Und alle fragen sich: Wie konnte es so weit kommen? Wo kommen die Neuinfektionen her? Warum bewegt sich die Inzidenz im Landkreis Fulda entgegen dem Bundestrend?



Die Zahlen am Freitag, 22. Januar 2021, für den Kreis Fulda im Überblick: 164 Tote seit Beginn der Corona-Pandemie plus 111 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden, 614 Neuinfektionen in den letzten sieben Tagen und eine 7-Tage-Inzidenz von 275,2. Landesweit liegt die Inzidenz bei 119,1. Hessen ist damit im oberen Drittel mit insgesamt fallender Inzidenz.

"Meine Mitarbeiter nehmen in der letzten Zeit eine eher sinkende Kooperationsbereitschaft wahr. Im März war dies anders", sagt Gesundheitsdezernent und Vize-Landrat Frederik Schmitt (CDU) am Freitag mit Blick auf die Nachverfolgung von Kontakten. Dennoch: Der überwiegende Teil der Bevölkerung halte sich an die Regeln und Gebote. "Ich merke aber auch, dass wir alle müde geworden sind."

Die hohen Zahlen begründet Schmitt so: "Wir ermitteln viel und finden daher auch viel." Auf die konkrete Nachfrage, wie viel man denn teste und wie hoch die Rate der Positiv-Tests sei, hat Schmitt jedoch keine Antwort, weil "es keine Meldepflicht für die Negativ-Tests gibt und somit auch keine Gesamt-Testzahl vorliegt". Er führt an, dass im Kreis Fulda durch die tagesaktuelle Kontaktnachverfolgung gezielter getestet werde als in anderen Landkreisen. Ein zweiter Aspekt, den der Erste Kreisbeigeordnete nennt: "Wir haben weiterhin eine beträchtliche Zahl an Fällen, die sich über den Landkreis verteilen und dann im familiären und Freundesumfeld zu kleineren Clustern führen. Nachdem wir um die Jahreswende mehrere Ausbrüche in Pflegeeinrichtungen hatten, von denen wir im Landkreis 38 zählen, sind dort die Fallzahlen glücklicherweise zurückgegangen."

Ob das Nachbarland Thüringen mit der höchsten Inzidenz aller Bundesländer eine Rolle spiele, könne man aktuell nicht sagen, so Fredrik Schmitt. Er widerspricht OSTHESSEN|NEWS aber beim Punkt "steigendes Infektionsgeschehen". Wörtlich sagt der Vize-Landrat: "Trotz der derzeit nicht weiter sinkenden Inzidenz liegt im Landkreis Fulda noch kein steigendes Infektionsgeschehen vor." Dies könne man vor allen Dingen indirekt an Faktoren wie den Belegungszahlen auf den Intensivstationen erkennen.

Verschärfte Regeln, um das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen, brauche es nicht: "Wir brauchen nicht mehr Gebote und Regeln, wir müssen die vorhandenen Gebote und Regeln einhalten. Dabei sind wir alle gefordert", macht der CDU-Politiker deutlich und appelliert nochmals: "Das Virus ist ein gefährlicher Gegner. Es kann überall einsickern, selbst wenn hohe Schutzmaßnahmen ergriffen worden sind."

Am Donnerstag hat der Landkreis 169 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden gemeldet, am Freitag kamen weitere 111 Corona-Fälle dazu. "Derzeit machen die symptomatisch positiv Getesteten und die positiv getesteten Kontaktpersonen den überwiegenden Anteil der Fälle aus", erklärt Gesundheitsdezernent Schmitt. "Wir vermuten, dass die Gruppe der von uns ermittelten und dann – derzeit leider oft – positiv getesteten Kontaktpersonen größer ist als in anderen Landkreisen. Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass immer noch eine merkbare Anzahl von Personen mit Symptomen zur Arbeit geht oder anderweitig unterwegs ist."

Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hatte die Kontakt-Nachverfolgung während einer Pressekonferenz am vergangenen Dienstag als "Schlüssel von allem" bezeichnet, um die Kontrolle über die Pandemie wiederzuerlangen. Dazu erklärt Vize-Landrat Schmitt: "Wir haben mit den steigenden Zahlen im Oktober das Personal nochmals deutlich aufgestockt. Derzeit arbeiten circa 200 Personen und damit fast jeder fünfte Beschäftigte des Landkreises im Bereich der Bekämpfung des Virus. Das sind 140 Mitarbeiter mehr als noch im Frühjahr 2020. Daher ist es uns auch derzeit möglich, alle Fälle zu ermitteln und alle Kontaktpersonen zu testen."

Auf die OSTHESSEN|NEWS-Frage, ob er die Lage im Kreis Fulda noch unter Kontrolle hat, sagt Frederik Schmitt: "Ich denke, jeder würde sich wünschen, er könne von sich sagen: Ich bin der, der die Pandemie unter Kontrolle hat. In Wahrheit müssen wir uns alle doch eingestehen, dass die Bekämpfung einer Pandemie nur als ein großes Gemeinschaftswerk gelingen kann." (Christian P. Stadtfeld) +++

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