Überlebenschance für die Kleinsten
Überragende Frühchenstation am Klinikum - Lob für Prof. Repp und sein Team
Im Prenatal-Zentrum des Klinikums Fulda werden Frühchen optimal versorgt.
Foto: Klinikum Fulda
26.01.2021 / FULDA -
Es ist eine Welt für sich: auf der Frühgeborenen-Station am Klinikum Fulda gehen die Uhren anders, es herrscht gleichzeitig erhöhte Konzentration und Aufmerksamkeit, aber auch mehr Ruhe als anderswo. Denn die kleinen Menschlein, die hier liegen, müssen mit einem verdammt schwierigen Weg in unsere Welt zurechtkommen. Wenn ihre Eltern das Glück haben, im Einzugsgebiet des Klinikums Fulda zu wohnen, ist die Chance auf Überleben und gesunde Entwicklung dieser winzigen Babys größer als in anderen Kliniken. Das hat das Klinikum gerade offiziell attestiert bekommen: das Perinatalzentrum des Hauses ist eines der besten deutschlandweit.
Bundesweite Schlagzeilen haben in diesem Zusammenhang bereits zwei besonders kleine Frühgeborene gemacht: Frieda, die 2010 als Europas jüngstes Frühchen nach nur 21 Schwangerschaftswochen und 5 Tagen im Klinikum geboren wurde, mit gerade einmal 26 Zentimetern und 460 Gramm Geburtsgewicht. Vor zwei Jahren konnte auch Frühchen Melina gerettet werden, die wiederum als das jüngste Baby der Welt mit einem Geburtsgewicht von gerade 450 Gramm und 25,5 Zentimetern Länge nach nur 21 Wochen und vier Tagen Schwangerschaft zur Welt kam. Sie wog weniger als eine Packung Spaghetti.
Der Mann, der maßgeblich verantwortlich für die außerordentliche Qualität der Frühgeborenen-Station am Klinikum ist, ist zu bescheiden, sich dafür feiern zu lassen. "Ich bin nicht wichtig", sagt Prof. Reinald Repp, Direktor der Klinik für Jugend- und Kindermedizin und betont: "Das ist die Leistung des gesamten Teams." Wichtiger als das Abschneiden im bundesweiten Ranking ist die gute Nachricht für Eltern: hier werden ihre winzigen Sorgenkinder so umfassend betreut und medizinisch optimal versorgt, dass ihre Überlebenschancen überdurchschnittlich hoch sind und die Wahrscheinlichkeit für die bekannten Frühchenkomplikationen wie Hirnblutungen, Darm-, Augen- und Lungenerkrankungen gering. Sie bekommen die Chance auf ein ganz normales Leben ohne Einschränkungen.
Was macht den Unterschied?
Nicht eine besondere technische oder erhöhte personelle Ausstattung der Station sei dafür ausschlaggebend, sondern ein gewisser Hang zum Perfektionismus aller im Team, sagt Repp. "Wir sind hier in einem Grenzbereich der Medizin und des Lebens. Die Perinatalmedizin ist eine Gratwanderung. Alle Krankenhäuser, die sich der Perinatalmedizin widmen, gehen in diesen Grenzbereich. Hier gibt es keine Garantien - und auch bei uns gibt es Komplikationen und es sterben Frühgeborene." Was den entscheidenden Unterschied ausmacht, dass es öfter gut geht, könne man gar nicht so genau sagen. Wahrscheinlich sei es einfach die gute Zusammenarbeit im Team, mit der Frauenklinik und den vielen anderen Bereichen im Klinikum. "Vielleicht auch unsere hohe Wachsamkeit, Konzentration und Aufmerksamkeit. Wenn einer Schwester zum Beispiel eine veränderte Hautfarbe bei einem Kind auffällt, reagiert sie sofort und sagt sich nicht, 'das muss ich in einer Stunde nochmal anschauen'. Es geht einfach um genaues Beobachten und höchste Konzentration auf sensibelste Kleinigkeiten."
Für die zu früh auf die Welt gekommenen Kinder sei die Umgebung auf der Station zwangsläufig eine unnatürliche Umgebung, auch wenn man sich noch so sehr darum bemühe, eine ruhige und reizarme Atmosphäre zu schaffen. "Allein die Tatsache, dass sie sich nicht mehr - wie eigentlich von der Natur vorgesehen - in der Schwerelosigkeit im Fruchtwasser befinden, sondern zu früh der Schwerkraft ausgesetzt werden, bedeutet eine Belastung: sie sind häufig zu schwach, sich überhaupt zu bewegen", berichtet Repp aus der Praxis. Deshalb gehöre zur Intensivpflege der Kleinsten zum Beispiel auch Physiotherapie, weil man wisse, wie wichtig Bewegung für eine gesunde Entwicklung sei.
Als Chef freut sich Repp mehr über konstruktive Kritik seiner Mitarbeiter als über Zwangsharmonie und ängstliche Zurückhaltung aus falschem Respekt. "Hier darf grundsätzlich jeder sagen, wenn etwas nicht stimmt. Fehlerkultur bringt die gute Zusammenarbeit auf jeden Fall weiter", ist der 63-Jährige überzeugt. Das exorbitant gute Abschneiden seiner Station im bundesweiten Vergleich gibt ihm und seinen engagierten Mitarbeiter:innen eindeutig recht. (Carla Ihle-Becker)+++