Rechtliche Möglichkeiten erschöpft

"Tiere müssen getötet werden": Kein Zurück mehr nach Urteil des VHG Kassel

Das Ehepaar Amend aus Freiensteinau hat alle Möglichkeiten ausgeschöpft, ihre Tiere müssen getötet werden.
Archivfoto: O|N / Maria Franco

20.01.2021 / FREIENSTEINAU - "Alle rechtlichen Möglichkeiten sind ausgeschöpft, bei allem Verständnis und Bedauern muss die tierseuchenrechtliche Tötungsanordnung im Laufe dieser Woche umgesetzt werden. Laut Geflügelpestverordnung müssen alle Tiere im Bestand des Freiensteinauer Geflügelhalters getötet werden, um eine Ausbreitung der hochansteckenden Geflügelpest zu verhindern", teilt der Vogelsbergkreis am Dienstag in einer Pressemitteilung mit.



Zum Hintergrund: Anfang des Jahres war die Geflügelpest erstmals in einer privaten Vogelhaltung in Hessen ausgebrochen. Innerhalb weniger Tage zeigten 16 Pfauen des Freiensteinauer Tierhalters massive Krankheitserscheinungen und verendeten. Das Veterinäramt des Vogelsbergkreises wurde informiert, zwei der verendeten Pfauen wurden untersucht, durch das Landeslabor und das Friedrich-Loeffler-Institut wurde HPAIV H5N8 nachgewiesen. Der letzte überlebende Pfau verendete in der vergangenen Woche, er wurde ebenfalls im Landeslabor untersucht, das positive Ergebnis ging am Montag ein und bestätigte ein fortwährendes Seuchengeschehen im Bestand.

Verordnung schreibt Tötung der Tiere vor

Das weitere Vorgehen in einem solchen Fall ist in der Geflügelpestverordnung klar geregelt: Oberstes Ziel ist, den Infektionsherd schnellstmöglich zu beseitigen und einer weiteren Verbreitung der Seuche Einhalt zu gebieten. Die Geflügelpestverordnung schreibt daher die Tötung aller Tiere im Bestand vor, da das infektiöse Virus durch verbliebene Tiere freigesetzt und an Wildvögel oder benachbarte Geflügelbestände übertragen werden kann. In Freiensteinau beispielsweise hatte das Wassergeflügel Zugang zu einem öffentlichen Gewässer – genau wie Wildvögel. Zudem führt das Friedrich-Loeffler-Institut in seiner "Risikoeinschätzung zum Auftreten von HPAIV in Deutschland" aus, dass HPAIV H5/N8 nicht nur bei toten, sondern auch bei klinisch gesund beprobten Enten und Gänsen bzw. in Kotproben dieser Vögel nachgewiesen werden konnte. Die Maßnahmen der Geflügelpestverordnung gelten auch für artengeschützte Tiere.

Eine Ausnahmegenehmigung – wie für Einrichtungen, die Vögel zur Arterhaltung oder zur Erhaltung seltener Rassen halten, möglich - hätte spätestens drei Monate nach der Inbetriebnahme der Einrichtung bei der zuständigen Behörde, in diesem Fall dem Regierungspräsidium Gießen, beantragt werden müssen. Dabei hätten die "konzeptionellen und hygienischen Voraussetzungen" zur Separierung von Tieren dargestellt werden müssen.  Ein solches Konzept wurde dem Regierungspräsidium Gießen nicht vorgelegt. "Im Ergebnis fehlen somit die baulichen und auch die infrastrukturellen Voraussetzungen, um eine Ausbreitung von Seuchenerregern auf andere Tiere zu verhindern", stellt der Vogelsbergkreis in seiner Mitteilung fest.

Alle Möglichkeiten ausgeschöpft

Auch Ausnahmen von der gesetzlich vorgeschriebenen Tötung durch Freitestung (negative Untersuchung auf HPAI) von Einzeltieren sind nach Geflügelpestverordnung danach nicht möglich.

Bestätigt wurde dies auch vom hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel, der am Montag über die Beschwerde des Tierhalters entschied (Siehe: Mehr zum Thema"). Eine Ausnahmegenehmigung könne "aufgrund des vom Antragssteller vorgelegten Biosicherheitskonzepts zu seinen Gunsten nicht getroffen werden", erklärt der VGH am Dienstag in einer Pressemitteilung. 

Der Beschluss des hessischen Verwaltungsgerichtshofs ist nicht anfechtbar. Somit sind die rechtlichen Möglichkeiten des Tierhalters erschöpft. (pm) +++

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