Bürokratisches Schneckentempo
Glasfaser und dann? - Schulen warten weiter auf schnelles Internet
Archivbild: Hans-Hubertus Braune
14.01.2021 / BAD HERSFELD -
Die Weihnachtsferien sind vorbei, seit Montag ist wieder Schule angesagt. Doch für viele Schüler:innen bedeutet der Start im neuen Jahr vor allem Homeschooling oder Distanzunterricht. Am ersten Schultag waren einer Auswertung des Kultusministeriums zufolge in Osthessen rund 14 Prozent aller Schüler im Präsenzunterricht. Der Großteil blieb also zu Hause. Digitales Lernen ist ein zentrales Thema. Die Politik spricht davon, dass die Schulen in Hessen damit klar kommen. Viel Geld werde investiert - unter anderem in den Breitbandausbau oder dem Schulportal. Doch wie genau sieht es in den Schulen aus? Wir haben im Landkreis Hersfeld-Rotenburg nachgefragt.
Soweit, so gut. Doch mit dem schnellen Internet dauert es nach wie vor. "Bislang ist nichts umgestellt", sagt Schulleiterin Nicole Stutz. Vor kurzer Zeit sei die Schule immerhin schon mal "ausgeleuchtet" worden. Sie hofft, dass nun die Router installiert und freigeschaltet werden. Bislang aber hat die Schule kein schnelles Internet und kein WLAN. Das schöne Glasfaserkabel kann die Schule mit ihren 667 Schülern noch nicht nutzen.
Die notwendige Infrastruktur wird durch die Breitband Nordhessen (BNG) errichtet und der Telekommunikationsdienst durch das existierende Betreiberverhältnis mit der Netcom Kassel bezogen. Rein technisch ist die Schule mit Hausanschluss-Fertigstellung (Keller) betriebsbereit (Verantwortung BNG). Eine Angabe zum Versorgungszeitpunkt der Schulen kann BNG leider nicht benennen", erklärt Kathrin Laurier, Geschäftsführerin der Breitband Nordhessen auf O|N-Anfrage. Die Netcom in Kassel hat sich bisher noch nicht auf O|N-Anfrage geäußert.
Der Pressesprecher des Landkreises sagt: "Während die Schulanbindung an das Glasfasernetz weiter läuft und im Frühjahr abgeschlossen werden soll, ist der Schulträger in engen Gesprächen, um schnellstmöglich tragfähige Lösungen für die Schulstandorte außerhalb des BNG-Gebiets zu finden. Gleichzeitig werden die personellen Kapazitäten im Bereich der Schul-IT mit fünf Stellen verstärkt, um die Schulen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Digitalpakts noch besser zu unterstützen. Die Digitalisierung - gerade mit Blick auf die flächendeckende Versorgung der Schulen – nimmt für den Landkreis nicht erst seit Beginn der Pandemie eine übergeordnete Rolle ein."
Im Sommer haben Lehrer:innen Schulungen erhalten
Mit dem Schulportal arbeitet die Schule bislang zumindest nicht. Sie setzen auf das Microsoft-Tool Teams. Die Lehrer:innen kommunizieren mit Teams mit ihren Schüler:innen. "Im Sommer haben alle Lehrer:innen eine Schulung erhalten. In den Klassen der älteren Jahrgänge haben wir Teams parallel zum Präsenzunterricht genutzt", sagt die Schulleiterin. Sie ist gespannt, wie der Unterricht per Videokonferenz jetzt mit wesentlich mehr Klassen funktioniert. Ein paar Fragen gab es am ersten Schultag nach den Ferien. "Wir sind jeden Tag da und leisten gerne Hilfestellungen", sagt Stutz in Richtung der Schüler:innen und Eltern. Und sie erzählt von einem Fünftklässler, der in der Schule mit Teams arbeitet und das im Handumdrehen hinbekommen hat.
Positiv ist: Kurz vor Weihnachten sind Tablets und Notebooks vom Landkreis ausgeliefert worden. "Wir haben 32 Leihgeräte. Zwei Notebooks haben bereits zwei Schüler erhalten", sagt Stutz. "Der Landkreis hat aus Eigen- und Landesmitteln die Beschaffung von insgesamt über 1.600 digitalen Endgeräten beauftragt. In der Corona-Pandemie sind die Relevanz digitaler Unterrichtsformate sowie deren technische Unterstützung deutlich wie nie zutage getreten. Die Verteilung der bisher gelieferten Geräte schreitet gut voran, wobei es aufgrund der bundesweit hohen Nachfrage zu einzelnen Verzögerungen bei der Lieferung kommen kann. Jede Schulklasse wird mit mindestens zwei zusätzlichen Endgeräten ausgestattet. Neben dem Soforthilfeprogramm des Landes Hessen (675.000 Euro) hat der Kreis 300.000 Euro Eigenmittel hierfür zur Verfügung gestellt", erklärt der Landkreis auf Anfrage von OSTHESSEN|NEWS. "
"Die Internetverbindung ist sehr schlecht"
"Bei uns auf dem Obersberg in Bad Hersfeld ist die Internetverbindung sehr schlecht. Für Lehrkräfte, die derzeit zwischen Präsenz- und Distanzunterricht pendeln, ist dies eine sehr komplizierte Situation. Durch die schwierige Verbindung ist das Unterrichten nicht immer einfach, weil Videokonferenzen hängen oder eine schlechte Qualität haben", erklärte Jörn Breitkreutz von der Modellschule Obersberg in Bad Hersfeld. Zwar sei man durch den Kreis mit mobilen Geräten ausgestattet worden, damit sowohl Lehrer:innen, wie auch Schüler:innen mit dem Distanzunterricht umgehen können. Allerdings fehle es an der generellen Infrastruktur auf dem Obersberg, dadurch werden die derzeit notwendigen Prozesse erschwert, so der stellvertretende Schulleiter weiter.
Ähnlich stellt sich auch die Situation in der Heringer Werratalschule dar: "Der Umgang mit den Lernplattformen und Konferenz-Apps haben alle Beteiligten schon im Frühsommer kennengelernt. Durch diese Erfahrungen versuchen wir die Prozesse weiter zu optimieren", erklärt Christoph Peters, Schulleiter der Werratalschule in Heringen. Dennoch befürchtet Peters Komplikationen bei Videokonferenzen und dem Abarbeiten des Lernstoffes: "Der Umgang mit den digitalen Endgeräten ist nicht das Problem, die Infrastruktur bremst uns extrem. Gerade in unserer ländlichen Region ist das ein Erschwernis, sowohl bei den Familien, wie auch in unserer Schule. (Kevin Kunze / Hans-Hubertus Braune) +++