Nach fünf Generationen...

Eine Goldene Gastro-Ära geht zu Ende: Gasthof Ebert

Karl-Heinz und Katja Ebert mit ihren Kindern Philipp (r.), Ann-Kathrin und Schwiegersohn Florian Weß (l.)
Foto: Carina Jirsch / privat

19.12.2020 / NEUHOF - Hier mal ein lauter Ruf aus der Küche, da mal ein schallendes Lachen zwischen den Gästen: Herzlich, einladend, familiär. Genauso konnten Gäste jahrzehntelang den Gasthof "Ebert Deutsches Haus" in Neuhof (südlicher Landkreis Fulda) mit seiner Gastronomenfamilie erleben. Doch damit ist jetzt Schluss: An Neujahr wird die Wirtschaft mit deutscher Küche nach fünf Generationen an einen neuen Pächter übergeben. Mit dieser schweren Entscheidung gehört der "Ebert" - wie man ihn kennt - der Vergangenheit an. 



Die Räume stecken voller Erinnerungen, für viele fast ein zweites Zuhause. Unzählige Gäste gehen seit Jahren in der Marktstraße ein und aus, haben hier Freundschaften fürs Leben geknüpft, unvergessliche Familienfeste gefeiert und dabei eine enge Bindung zu Katja (50) und Karl-Heinz Ebert (58) aufgebaut. Bereits vor zwei Jahren hat die Familie die Weichen gestellt, das Gebäude verkauft und den Gasthof nur noch als Pächter weiter betrieben.

Alles anders als erwartet

"Ich blicke dem Jahreswechsel mit einem weinenden und einem lachenden Auge entgegen", sagt Karl-Heinz Ebert im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS. Denn pünktlich zum 1. Januar wird der Nachfolger den Gasthof übernehmen. "Es war eine schwere Entscheidung, aber unsere Kinder wollten nicht in unsere Fußstapfen treten." Die Wirtschaft jetzt schon in neue Hände zu geben, habe jedoch keine - wie viele vermutet haben - gesundheitlichen Gründe: "Ich arbeite schneller als manch einer meiner Mitarbeiter", lacht Ebert.

Gemeinsam blickt das Ehepaar nun auf die letzten Jahre zurück, lässt beim Durchschauen alter Fotos Erinnerungen wieder aufleben: "Wir hatten so viele schöne Erlebnisse mit unseren Stamm- und Hausgästen", so Katja Ebert. Jahrelange Freundschaften und besondere Begegnungen mit Sportvereinen, Gästen aus nah und fern und Persönlichkeiten wie Uwe Seeler, Fritz Walter, die Fußballspielerinnen der Nationalmannschaft, Andy Borg, prägten diese Zeit. Die herzliche Art der Eberts wussten auch die Stammgäste immer zu schätzen. Bis in die frühen Morgenstunden war Karl-Heinz für seine Gäste da, hat sogar regelmäßig für einen sicheren Nachhauseweg gesorgt.

Doch den Traum vom gebührenden Abschied muss die Familie nun endgültig aufgeben: "Wir hatten eine große Silvesterparty mit 250 Personen geplant, die wir absagen mussten. So hatten wir keine Chance, uns über einen längeren Zeitraum bei unseren langjährigen Gästen mit Getränken und Geschenken zu bedanken. Es geht eine Ära zu Ende – und zwar ganz ohne Abschluss", trauert Katja Ebert.

Eine Familie, fünf Generationen

An den vielen schönen Episoden und der Familiengeschichte ändert das glücklicherweise nichts. Nach dem Tod seines Vaters hat Karl-Heinz Ebert vor 28 Jahren den Familienbetrieb, ohne die damals dazugehörende Metzgerei, in fünfter Generation übernommen. Fokussiert hat sich der junge Koch auf das Catering: "Das war damals nicht üblich und so sind wir neue Wege gegangen."

Dass er wie seine Familie in die Gastronomie einsteigen wird, stand für Karl-Heinz schon immer fest. "Ich wollte ursprünglich als Koch in die Schweiz gehen. Das hat sich durch den Tod meiner Oma jedoch zerschlagen." Nach seiner Lehre im Kolpinghaus in Fulda übernahm er 1992 den Gasthof. Immer an seiner Seite: Mama Maria, die bis zu ihrem 80. Lebensjahr noch täglich im Gasthof ihren Charme versprühte und ihre Gäste samt Gewohnheiten wie ihre Westentasche kannte, und Frau Katja, für deren Eroberung sich der junge Koch – wie er selbst sagte – richtig ins Zeug legte. "Und das, obwohl die Familien Ebert und Dechant damals wie Hund und Katz waren", lacht Karl-Heinz Ebert.

Katja selbst plante zwar nicht unbedingt einen Mann aus der Gastronomie zu heiraten, aber wie heißt es so schön: "Wo die Liebe eben hinfällt." Denn auch beruflich hat es gepasst: "Ich war dafür berufen. Das habe ich bei meiner Tätigkeit in der Praforst schon gemerkt", so Katja, die seit ihrem 19. Lebensjahr ihre Gäste mit ihrer Lebensfreude ansteckt.  

Im Laufe der Jahre hat das Ehepaar den Betrieb Stück für Stück vergrößert und unter anderem ein Gästehaus gebaut und die gegenüberliegende Tennishalle betrieben. "Wir sind auch mit unserem Personal sehr verbunden. Einige waren von Anfang an bis jetzt bei uns - eben eine große Familie", so Ebert, die sich freut, Annette Munz und Valentina Hermann für 25 Jahre Zugehörigkeit ehren zu können. 

Die Familie Ebert meldet sich ab

Gemeinsam standen sie Höhen und Tiefen durch. Dass die Ära "Ebert" nach fünf Generationen nun endet, ist für die Familie sehr schwer: "Jetzt sind wir aber glücklich, dass ein Nachfolger gefunden wurde." Der neue Pächter ist schon lange im Gasthof beschäftigt. Er kennt bereits die Betriebsabläufe und Gäste. "Mein Nachfolger möchte gerne im neuen Jahr seine eigenen Ideen einbringen." Neben Umbaumaßnahmen im Restaurant wird auch in Küche und Sanitäranlagen investiert. 

"Mit ihm ist ein guter Mann gefunden worden. Ich freue mich, dass es hier in meinem Elternhaus weitergeht", so Karl-Heinz, der aber auch künftig seine Finger im Spiel haben wird. Mit einem Schmunzeln sagt er: "Ich bleibe dem Haus als gute Seele erhalten und werde darauf achten, dass die Schnitzel-Portionen nicht kleiner werden." Auch Katja hat Pläne: "Ich werde im Fuldaer Haus arbeiten und kann mir vorstellen, mich in der Corona-Krise noch nützlich zu machen und bei den Impfungen zu helfen", so die gelernte Arzthelferin. 

Nach fast 30 Jahren meldet sich die Familie nun unter Tränen ab: "Wir wünschen unseren Nachfolgern alles Gute und auch Tage, an denen mein Nachfolger sagen kann: 'Man, hab ich die Schnauze voll. Hatten wir heute einen Betrieb'. Nun machen wir es wie Uli Hoeneß: 'Das war's noch nicht'. Glück auf an alle. Eure Familie Ebert." (Julissa Bär) +++

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