Corona-Stress am Klinikum Fulda
Intensiv-Chef Professor Greim: "Betten haben wir, nur nicht genug Personal"

Fotos: Hendrik Urbin
28.11.2020 / FULDA - Alle Corona-Maßnahmen, jede Einschränkung und jedes Verbot dienen einem übergeordneten Ziel: Unser Gesundheitssystem vor einer Überlastung bewahren! Aber: Am Freitag meldete das Robert-Koch-Institut mit 426 Corona-Toten binnen 24 Stunden einen traurigen Rekord, 3.826 COVID-Patienten auf den Intensivstationen sind ebenfalls ein Höchstwert. Wie angespannt ist die Lage im größten Krankenhaus der Region, dem Klinikum Fulda?
"Mit diesen hohen Infektionszahlen werden wir noch einige Zeit zu kämpfen haben", sagt Prof. Greim. Die Intensivmedizin hinke der Zahl der Neuinfektionen etwa mehr als zwei Wochen hinterher, weswegen in den kommenden Tagen mit weiteren schwerkranken COVID-Patienten zu rechnen sei. "Dann aber denke und hoffe ich, erreichen wir wieder ein Plateau und die Zahlen sinken wieder langsam ab", gibt sich der Chefarzt optimistisch.
Chefarzt Greim: "Ich bin beeindruckt von der Ruhe"
Um den Mitarbeitern Bedenken und Ängste zu nehmen, hat die Klinikleitung ein Informationssystem für die Mitarbeiter eingerichtet, um regelmäßig über die Lage mit aktuellen Zahlen und Einschätzungen den Vorstands zu berichten – auch werden Fragen der Mitarbeiter einzeln beantwortet. Dies sei viel Arbeit, lohne sich aber. "Es schafft ein Vertrauensverhältnis, welches in den letzten Wochen auch deutlich spürbar ist", so Prof. Dr. Greim. "Eine klare Kommunikation und Transparenz in allen Bereichen und Abteilungen ist unser Schlüssel zum Erfolg", bestätigt Menzel.
"Jeder, der uns braucht, wird versorgt!"
Die Belastung ist hoch, dennoch sei die Situation aus Sicht des Klinikums händelbar: "Wir nehmen unsere Verantwortung ernst und jeder der zu uns kommt, soll sich geborgen fühlen. Trotz der COVID-Belastung können wir die Krankenversorgung in unserem Haus gut aufrecht erhalten. Natürlich werden beispielsweise nicht dringliche Untersuchungen oder Operationen nach hinten verschoben, aber jeder der uns braucht, speziell im Notfallmedizinischen Bereich, wird von uns mit vollem Einsatz versorgt."
Warnungen anderer Intensivmediziner, das deutsche Gesundheitssystem stünde vor einem Kollaps, nennt Prof. Greim "übertrieben". Er erklärt: "Wir haben ein sehr gutes Gesundheitssystem hierzulande mit rund 28 Intensivbetten auf 100.000 Einwohner. Das ist höher als in anderen europäischen Staaten. Von daher haben wir zunächst einmal eine bundesweit sehr gut aufgestellte Intensivkapazität."
Natürlich variiere die Auslastung in einzelnen Krankenhäuser in bestimmten Regionen. Im südhessischen Raum beispielsweise habe man eine hohe Dichte an sehr schwer erkrankten COVID-Patienten, sodass man auch das Fuldaer Klinikum zur Aufnahme von Patienten aus diesem Gebiet aufgefordert habe. "Logischerweise führt das dazu, dass wir durch die gegenseitige Unterstützung innerhalb unseres Bundeslandes unsere Kapazitäten bis zum Rande auslasten", so Intensivmediziner Greim. Bereits im Normalfall sei seine Station zu 85 Prozent ausgelastet, auch ohne COVID. Im Moment sind es 90 Prozent.
In der Öffentlichkeit werden Krankenhäuser häufig dafür kritisiert, nicht genug getan zu haben, um vorbereitet zu sein. "Die Krankenhäuser haben mit Hilfe des Bundes viel unternommen. Durch zur Verfügung gestellte Mittel konnten die Stationen mit zusätzlichen Betten ausgestattet werden. Der Bund kann allerdings nicht innerhalb von wenigen Monaten zusätzliches Pflegepersonal kreieren, das ist ein langer Prozess der Jahre dauert", so Greim im OSTHESSEN|NEWS-Gespräch. Er hofft, dass der Stellenwert der Intensivmedizin und der Pflegeberufe durch die aktuelle Situation steigt.
Auf das Fuldaer Klinikum und seine Mitarbeiter warten weitere Wochen harter Arbeit, doch nach allem Anschein endlich mit einem Ziel vor Augen. (Michelle Kedmenec / Christian P. Stadtfeld) +++