Dritter Prozesstag am Landgericht
Nach Kopfschlägen mit Gipserbeil: "Er hat öfter gedroht, sie umzubringen"
Archivfoto: O|N / Luisa Diegel
14.11.2020 / ALSFELD / GIESSEN -
Freitagmorgen, 9 Uhr am Gießener Landgericht: Die Verhandlung im Mordfall gegen einen 36-jährigen Syrer soll weitergehen. Doch der Prozess wird bereits zwei Minuten später das erste Mal unterbrochen. Grund: Der Verteidiger soll mit dem Angeklagten klären, ob der nun doch aussagen möchte. Nach der halbstündigen Beratung übermittelt der Verteidiger: "Es gibt erst einmal keine Erklärung von meinem Mandanten." Deshalb startet der dritte Prozesstag mit Zeugenaussagen - dieses Mal von der Familie des Angeklagten.
Unter anderem sagte die Schwester der Getöteten am Freitag vor Gericht aus. Völlig aufgelöst berichtet sie, dass es bereits zu Beginn der Ehe, als der Angeklagte und das Opfer noch in Syrien lebten, Probleme zwischen den beiden gab. Deshalb wollte sich der Vater der Getöteten schon vor längerer Zeit um eine Trennung kümmern, doch wegen der drei Kinder kam die Getötete immer wieder zu ihrem Ehemann zurück.
"Er hat sie geschlagen"
Die Schwester beschreibt den Angeklagten als geizig, immer wieder habe er seine Frau beleidigt und geschlagen. "Meine Schwester hat gesagt, dass er auch die Kinder geschlagen hat, das habe ich jedoch nie gesehen. Ich habe allerdings gesehen, dass er sie geschlagen hat", zitiert sie der Dolmetscher. "Ich schäme mich, aber das muss ich jetzt sagen: Er wollte jeden Tag siebenmal mit ihr schlafen, wenn sie nein sagte, hat er sie geschlagen und an der Kehle gepackt. Er hat viele unschöne Dinge getan", erzählt sie. All das, weil er offensichtlich mit der Trennung nicht einverstanden gewesen war."Diese Tat passt nicht zu uns"
Dass das Ehepaar immer wieder Streit hatte, bestätigt auch die Familie des Angeklagten, die überwiegend in Schwabach (Bayern) wohnt. Dort soll der angeklagte Ehemann auch häufig gewesen sein - unter anderem noch am Vormittag und Mittag des Tattages. Seine zwei Neffen, seine Nichte und sein Bruder sagten aus, dass sie erschrocken und entsetzt über die Tat des Angeklagten seien. "Das passt einfach nicht zu uns, wir sind aus unserer Familie mit 50 Leuten von Syrien nach Deutschland geflohen, so etwas ist in unserer Familie noch nie passiert."Andere Frau im Spiel
Außer über die Eheprobleme berichtet der Bruder des Angeklagten, dass dieser eine neue Frau gefunden habe, "die wollte er heiraten, ich habe sogar schon mit der Familie der Frau gesprochen." Wegen der drei gemeinsamen Kinder mit seiner Ehefrau habe er sich dann doch entschieden, bei ihr zu bleiben. Während der Bruder aussagte, dass auch der Angeklagte die Trennung wollte, berichtete die Schwester der Getöteten, dass er gegen eine Trennung war.Der Prozess wird am 27. November fortgesetzt. (Luisa Diegel) +++