"Dunkles Kapitel der Geschichte"

Gedenken an Reichspogromnacht: "Dürfen Ereignisse nicht vergessen"

Bei der Gedenkveranstaltung. V.l.n.r: Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld und Wolfgang Hengstler, Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.
Alle Fotos: Martin Engel

10.11.2020 / FULDA - Montag, 9. November: Auf der ganzen Welt gedenkt man an die schrecklichen Ereignisse der Reichspogromnacht im Jahre 1938, als hunderte Juden in Österreich und Deutschland ermordet wurden. So auch in Fulda am Abend vor der Alten Synagoge Am Stockhaus: "Auch wenn unsere Gedenkveranstaltung pandemiebedingt nicht in der gewohnten Form stattfinden kann, möchten wir innezuhalten, um an das schreckliche Geschehen vor nun 82 Jahren zu gedenken", ruft der Oberbürgermeister der Domstadt, Dr. Heiko Wingenfeld, auf. 


In seiner Ansprache erinnert der Oberbürgermeister an die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. Auch die Fuldaer Synagoge blieb von Brandstiftern nicht verschont und wurde zerstört. "In den Folgejahren wurden alle jüdischen Mitbürger, die nicht emigrieren konnten oder ihre Heimat nicht verlassen wollten, deportiert oder getötet. Die über 1.000 Jahre hinweg so bedeutsame jüdische Gemeinde Fuldas mit bis zu 1.300 Mitgliedern wurde in kurzer Zeit ausgelöscht", erklärt Dr. Wingenfeld weiter. 

"Zusammenhalt der Religionen"

Hier, vor der ehemaligen Synagoge, werde das dunkle Kapitel der Fuldaer Geschichte besonders vor Augen geführt. Gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde beabsichtige die Stadt Fulda diesen Ort würdevoller zu gestalten. Wichtig sei es, zu gedenken und gleichzeitig nicht zu vergessen, "dass wir heute Brücken zwischen Menschen bauen." Dank gelte allen, die sich für ein friedliches Miteinander, für die Menschenwürde, für die Demokratie und gegen den Antisemitismus einsetzen. Auch die Zusammenarbeit mit der jüdischen Gemeinde, der Gesellschaft für christlich jüdischen Zusammenarbeit, den Kirchen und Religionsgemeinschaften verdeutliche die Verbundenheit untereinander.

"Geschehnisse dürfen nicht in Vergessenheit geraten"

Wolfgang Hengstler von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit betont ebenfalls die Notwendigkeit der Gedenkveranstaltung. Wichtig sei es, immer wieder auf die Geschehnisse der Vergangenheit aufmerksam zu machen. "Würden wir das Ganze vergessen, bestünde die Gefahr, dass sich die Ereignisse wiederholen." Die gleichen Fehler dürften nicht gemacht werden.

Sein Anliegen: Respekt gegenüber den Opfern des Holocausts und Solidarität gegenüber der jüdischen Gemeinde in Fulda zeigen. "Antisemitismus ist in unserer Gesellschaft leider oftmals noch präsent. Dabei sollte man erstmal persönlich die Menschen kennenlernen - so bauen sich schnell Vorurteile ab." Dies verdeutliche beispielsweise der Tisch der Religionen. "Selbst der Imam betet für die verstorbenen Juden - es ist ein Zeichen der Gemeinschaft." Er fordert: Offenheit zeigen, nicht nur auf jüdische Bevölkerung bezogen. 

Weiterhin folgten an diesem Abend Gebete von Roman Melamed, Pfarrerin Anke Mölleken, dem Iman der Ahmadiyya Gemeinde Ijaz Janjua und dem Fuldaer Bischof Dr. Michael Gerber. Auch die Schüler der Winfriedschule beteiligten sich an der Gedenkfeier. (Maria Franco) +++

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