Austausch im Schloss
An-Institut geplant: Forschen am historischen Standort in der Point-Alpha-Stadt
Foto: Stadt Geisa
07.11.2020 / GEISA - Forschen, Lehren und Lernen am historischen Standort in Verbindung mit einer Stärkung der ländlich geprägten Region des Geisaer Landes - das sind die Ziele der Stadt Geisa in Bezug auf die Gründung eines An-Instituts in der Point Alpha Stadt. Diese sind selbständige Einrichtungen an deutschen Hochschulen, die zwar organisatorisch, personell und räumlich mit diesen verflochten sind, ohne jedoch einen integralen Bestandteil der jeweiligen Hochschule zu bilden. Zu diesem Thema hatte die Kommune vergangene Woche Wissenschaftler und Fachleute der Universitäten Erfurt, Jena und Mannheim, der Hochschule Fulda sowie des Instituts für Zeitgeschichte Berlin zu einem Austausch in das Schloss nach Geisa eingeladen.
"Das ist zwar ein recht ungewöhnliches Vorhaben, aber in ungewöhnlichen Zeiten bedarf es ungewöhnlicher Lösungen und Weiterentwicklungen", betonte Bürgermeisterin Manuela Henkel. Sie begrüßte die Teilnehmer des Symposiums, die teils persönlich anwesend und, teils digital zugeschaltet waren, darunter auch den thüringischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Dr. Peter Wurschi sowie den Präsidenten der Hochschule Fulda Prof. Dr. Karim Khakzar. Von Seiten der Stadt Geisa sprechen viele Gründe für die Gründung solch eines Forschungsinstituts vor Ort. Vor allen Dingen geht es der Bürgermeisterin um das Thema Aufarbeitung der deutschen Geschichte seit 1945. Ihrer Meinung nach sei hier in den letzten Jahren viel zu wenig geschehen. Dies hätten für sie insbesondere die viele persönliche Gespräche mit den Menschen im Geisaer Land, das einst Sperrgebiet an der innerdeutschen Grenze war, deutlich gemacht.
Geisa als optimaler Standort
"In Geisa bieten sich hervorragende Möglichkeiten, um am historischen Standort zu forschen, zu lehren und zu lernen", sagte Manuela Henkel. Mit der Point Alpha Stiftung, sowie der Point Alpha Akademie gibt es vor Ort bereits wissenschaftliche Dienstleister zur Aufarbeitung der DDR-Diktatur, der Geschichte des Kalten Kriegs und der Teilung Deutschlands und Europas. Das Ziel des An-Institutes soll in der wissenschaftlichen Forschung liegen. "Die Arbeit der Stiftung sowie der Akademie ist vor allen Dingen Bildungsarbeit", betonte der wissenschaftliche Leiter der Stiftung, Dr. Roman Smolorz. Stiftung und Akademie leisten nach der Stiftungssatzung Forschungsarbeit nur im kleinen Rahmen. Smolorz: "In Zusammenarbeit mit einem universitären An-Institut könnten neue Synergien entstehen, die politische Bildungsarbeit würde mit einer breiteren sozial-historischen Forschung untermauert."Persönlicher Austausch ist essenziell
"Digitalisierung ist zwar eine Lösung, aber auch Forschen und Lernen an dezentralen Standorten wie an einem An-Institut wären eine gute Alternative", ist sich die Bürgermeisterin sicher. "Wir werden auch weiterhin den persönlichen Austausch benötigen oder neue hybride Formen von persönlich-digitalen Zusammenkünften." In Geisa könnten sich junge Menschen, Forscher und Wissenschaftler an einem weitgehend sicheren Ort abseits der großen Metropolen treffen. Prof. Dr. Philipp Gassert von der Universität Mannheim lud als Moderator die Symposiumsteilnehmer im Anschluss zum Gedankenaustausch ein. Dabei ging es vor allen Dingen um die inhaltlichen Fragen, die in Geisa erforscht werden könnten und welche strukturellen Anforderungen an ein Hochschul-Aninstitut gestellt werden. Neben den Themen Diktatur und Kalter Krieg könne vor allen Dingen das Thema Grenze mit all seinen Facetten von der Grenzerforschung, bis hin zu den Themen Staatsgrenzen oder konfessionelle Grenzen stehen und das auch im internationalen und europäischen Vergleich.Ebenso sind Formen wie die Seminarformate der "Villa Vigoni" vorstellbar, bei der sich Wissenschaftler ungestört von Alltagspflichten zu Forschungszwecken für eine bestimmte Zeit zurückziehen können. Der Zugang zu einer großen Bibliothek könne digital aber auch räumlich durch die Nähe zu den Hochschul- und Landesbibliotheken, insbesondere in Fulda gewährleistet werden. Die Wissenschaftler erhoffen sich die Verknüpfung von praktischem Wissen sowie Lernen und Forschen in den Politik-, Sozial- und Geschichtswissenschaften. Auch die Anbindung an nicht nur wie üblich eine, sondern an zwei Hochschulen, eventuell auch länderübergreifend wäre denkbar und politisch richtungsweisend. Die Stadt Geisa will nun gemeinsam mit den Fachleuten das bereits vorhandene Konzept inhaltlich erweitern, um weiterführende Gespräche mit Institutionen und politisch Verantwortlichen zu führen. (pm) +++