Rassismus-Debatte um Melchior von Ulm

Ist das Zeigen des schwarzen Königs rassistisch? Das sagt das Bistum Fulda

Sollten die Heiligen Drei Könige weiterhin gezeigt werden? Darüber ist aktuell eine Diskussion entbrannt
Symbolbilder: Pixabay

10.10.2020 / FULDA - Die evangelische Münstergemeinde von Ulm wird in diesem Jahr nicht die Jahrhunderte alte Figuren der Heiligen Drei Könige in ihrer Weihnachtskrippe zeigen. Grund: Die Holzschnitzerei des schwarzen Königs Melchior sei in heutiger Zeit eindeutig als rassistisch anzusehen.



Mit wulstigen Lippen und einem Goldreif um den nackten Fußknöchel entspräche der Ulmer Melchior zu sehr einem diskriminierenden Vorurteil. Also entschied die Kirche, in diesem Jahr die Weihnachtsgeschichte nach Lukas zu erzählen, in der die Heiligen Drei Könige nicht vorkommen.

Situation in der Domstadt

OSTHESSEN|NEWS hat beim Bistum Fulda nachgefragt, ob ein solches Vorgehen auch in der Domstadt denkbar sei. "Es geht - historisch betrachtet - um Darstellungen der Heiligen Drei Könige, in denen Caspar, Melchior und Balthasar die drei damals bekannten Erdteile Asien, Afrika und Europa repräsentier(t)en - der "schwarze König" stand für Afrika. Dem liegt der positive Gedanke zugrunde, dass Gott für alle Menschen Mensch geworden ist", teilt Robert G. Eberle, Pressesprecher und Leiter der Stabsabteilung Kommunikation des Bischöflichen Generalvikariats, mit. Ein "schwarzer König", urteilt das Bistum, sei also üblicherweise keine abwertende Darstellung von dunkelhäutigen Menschen.

"Das Nichtzeigen (Beseitigen) schwarzer Könige könnte ebenfalls eine diskriminierende Tendenz fördern – selbst wenn es den Wunsch nach "politischer Korrektheit" zum Hintergrund hat." 
 
Zu den meisten Krippen, die in Kirchen zur Weihnachtszeit oder zum Dreikönigsfest am 6. Januar präsentiert werden, gehören drei Figuren mit Königs-Würde, die, oft andächtig-betend, zum Jesus-Kind in die Krippe blicken. "Man hat sie früher als Repräsentanten eines Kontinents verstanden - als Könige "geadelt" und sicher nicht damit herabgewürdigt.", so Eberle weiter. Das Trio ließe sich außerdem auch als ein Zeichen von Vielfalt verstehen, für die diese unterschiedlichen Könige stehen.

Vorgehen mit Fingerspitzengefühl

"Falls es noch irgendwo problematische Krippen-Figuren, zum Beispiel mit einer eindeutig rassistischen Darstellung des "schwarzen Königs" – wie in Ulm, geben sollte, gehen wir im Bistum Fulda davon aus, dass in den Gemeinden vor Ort mit Sensibilität und Sorgfalt kluge Entscheidungen getroffen werden."

Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck wollte sich nicht zur Thematik äußern. "Wir bitten um Verständnis, dass wir die innerhalb einer anderen Landeskirche getroffene Entscheidung nicht bewerten wollen", so Dr. Anja Berens, Pressesprecherin der Landeskirche. Allerdings behalte man das Thema – auch mit Blick auf die Weihnachtszeit – gerne im Auge. (mr) +++



\"Der alte Brauch, dass sich ein Sternsinger der Gruppe schwarz schminkt, hat ja erkennbar ebenfalls nichts mit „Blackfacing“ zu tun. Allerdings lässt sich auch argumentieren, dass der ursprüngliche Sinn der Tradition heute ebenfalls deutlich werden kann, wenn Kinder als Sternsinger einfach so gehen, wie sie eben sind: vielfältig in ihrem Aussehen\", meint Pressesprecher Robert G. Eberle
Archivbild: O|N

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