Tag des offenen Denkmals am Sonntag

Denkmalführung mit Michael Adam - das inoffiziell scheußlichste Denkmal irritiert

Mit Michael Adam wird jede Stadtführung zum Erlebnis.
Fotos: Gudrun Schmidl

15.09.2020 / BAD HERSFELD - Vielfach virtuell, aber auch den AHA-Regeln in der Corona-Pandemie angemessen mit persönlichem Kontakt, fanden wie immer  am "Tag des offenen Denkmals" deutschlandweit interessante Führungen unter dem Motto "Chance Denkmal. Erinnern. Erhalten. Neu denken" statt. In Bad Hersfeld nutzte Stadtführer Michael Adam am zweiten Sonntag im September seine Chance, eine erste Denkmalführung anzubieten. "Ein schönes Motto", betont er, der diese Tour innerhalb der "alten Mauern" zusammengestellt und dabei über 20 Denkmäler unter die Lupe genommen hat. "In Bad Hersfeld gibt es noch viele Denkmäler mehr, in jedem Fall mehr als wir glauben. An vielen geht man achtlos vorbei, andere Denkmäler verstecken sich", erläutert Michael Adam, der betont, dass er bei der Recherche selbst viel gelernt hat.



Der Lullusbrunnen, das Denkmal zu Ehren von Stadtretter Johann Baptist Georg Fidelis Lingg von Linggenfeld oder das Vitaliskreuz sind eng verknüpft mit der der Geschichte der Lullusstadt und daher weithin bekannt. Michael Adam als Kenner der Stadtgeschichte, ein "wandelndes Lexikon" im positiven Sinn, bringt die für manche staubtrockene Thematik mit seiner ihm eigenen Dynamik, seinem Enthusiasmus und und viel Humor seinen Gästen nahe. Hintergrundinformationen, kleine Anekdoten und eigene Erkenntnisse lockern seine Stadtführungen auf.

Mit diesem Wissen folgten ihm am Sonntagnachmittag die mögliche Anzahl von 15 interessierten Bürgerinnen und Bürger bei seiner Denkmalsführung durch die Innenstadt, die am Rathausplatz im Angesicht eines "Mahnmals gegen den Krieg" begann. Es gab auf dem Weg viel zu entdecken, manchmal erschwert. Von aufgestellten Tischen der Außengastronomie nahezu verdeckt, mühen sich die Mückenstürmer auf dem Linggplatz, den vermeintlichen Brand des Kirchturms zu löschen. Dieses Schicksal der Nichtbeachtung teilen sich ein aktuell nicht sprudelnder Sandsteinwürfel gegenüber der City-Galerie und eine "perfekte Welle zum Verweilen" nahe dem Marktplatz. 

Gut sichtbar dagegen ist das inoffiziell benannte "scheußlichste Denkmal" der Stadt am Neumarkt. Es ist ein Geschenk an die Stadt vom Mode-Centrum Sauer aus Anlass ihres 250. Firmenjubiläums im Jahr 1990. Der eigens beauftragte Künstler Kazuo Katase erschuf einen "Windmantel", der an die Tuchmachertradition in Bad Hersfeld erinnern soll. "Das Glas ist blind, das Tuch versifft. Dieser Kunstwerk wird nicht einem der Ansprüche gerecht", echauffiert sich nicht nur Michael Adam, der allerdings grundsätzlich der Meinung ist, dass sich über Kunst und Geschmack trefflich streiten lässt.

Die Denkmaltour streifte auch den Brink, wo zwar noch die Insignien der Engelhardt-Brauerei die Blicke auf sich ziehen, das "Saufhaus" aber längst abgerissen ist. Wer sich speziell für die Bad Hersfelder Braukunst interessiert, kann sich gern der Führung am Freitag, 25. September mit Michael Adam anschließen. Nach einem längeren Aufenthalt am "Hotspot" mit gleich drei Denkmälern, zu dem auch das zu Ehren von Lingg von Linggenfeld aufgestellte Denkmal gehörte, galt ein kurzer Stopp den beiden berühmten Konrads der Stadt, die vor dem Katharinenturm auf sich aufmerksam machen.

Viel Raum nahm Leonhard Müller ein, der 1827 nach Bad Hersfeld kam, der in seinen 24 Dienstjahren das Stadtbild an verschiedenen Stellen bis heute prägt. Er setzte nicht nur die Erhaltung und bauliche Sicherung der Ruine der Stiftskirche durch, sondern ließ unter seiner Leitung die mittelalterliche Stadtmauer abbrechen, um Platz für das Wachstum der Stadt zu schaffen. Teile davon erhält Müller und gestaltet sie zu einem Park um. Am Perfort erinnert eine 1904 angebrachte Gedenktafel an seine Tätigkeit. Mit einem Blick auf die Sonnenuhr an der Stadtkirche endete diese inspirierende Denkmalführung nach zwei Stunden. Eine Fortsetzung ist angekündigt. Info unter www.bad-hersfeld-citytouren.de (Gudrun Schmidl) +++

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