Es hagelt massenweise Kritik
Radikalumbau am Klinikum: Landrat Dr. Koch stellt sich dem Kreistag
Archivfoto: O|N/Laura Struppe
15.09.2020 / BAD HERSFELD -
Der Radikalumbau am Klinikum Hersfeld-Rotenburg ist aktuell das vorherrschende Thema in der Region: Insbesondere die Verlagerung der Akutmedizin des Herz-Kreislauf-Zentrums (HKZ) ans Klinikum in Bad Hersfeld entpuppt sich als Zankapfel. Jetzt hat sich Landrat Dr. Michael Koch (CDU), der dieser Tage Kritik en masse einstecken muss, dem Kreistag des Landkreises Hersfeld-Rotenburg gestellt und sich zur Situation des Klinikverbunds geäußert.
"Ressourcen müssen gebündelt werden"
"Dass die vorgeschlagenen Veränderungen für großen Unmut sorgen würden, war mir klar", sagt Dr. Michael Koch, der die Kreistagsmitglieder zu einer nicht-öffentlichen Informationsveranstaltung einlädt, bei der die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Curacon das von ihr erstellte Gutachten detailliert beleuchten soll. "Ich dementiere allerdings vehement, dass wir bereits kurz nach der HKZ-Übernahme eine Ein-Standort-Strategie für die Akutmedizin verfolgt hätten. Ich dementiere auch, dass wir ‚sinnlos‘ Geld verbrannt hätten." Realität sei, dass der Landkreis Jahr für Jahr Millionenbeiträge ans Klinikum zuschießen müsse. "Wenn wir uns nicht verändern, wird es den Klinikkonzern zukünftig nicht mehr geben."CDU-Fraktion ist gespalten
Gespalten ist derweil die CDU: Während Fraktionsvorsitzender Herbert Höttl hinter der Entscheidung des Aufsichtsrats und der Gesellschafterversammlung steht, ist Rotenburgs Bürgermeister Christian Grunwald ganz und gar nicht einverstanden mit der Verlagerung der Akutmedizin des HKZ ans Klinikum in Bad Hersfeld.Das sehen die beiden Rotenburger CDU-Kreistagsmitglieder, Christian Grunwald und Andreas Börner, freilich komplett anders. "Dieses Haus ist den Bürgern des Landkreises verpflichtet", unterstreicht Rotenburgs Rathauschef. "Es muss grundsätzlich gestattet sein, öffentlich über den Erhalt des HKZ debattieren zu dürfen – schließlich ist der Klinikkonzern in kommunaler Trägerschaft. Das Stichwort ‚Alternativlosigkeit‘ zählt für mich nicht als Totschlagargument."
"Dieser Antrag würde alles, was der Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung beschlossen haben, konterkarieren", warnt der Landrat. Einen endgültigen Beschluss haben die Kreistagsmitglieder nicht gefällt. Zunächst wird sich der Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr, Tourismus und Gesundheit mit dem Änderungsantrag auseinandersetzen müssen – so will es die Mehrheit des Kreistags.
Das sagen die anderen Fraktionen
Der SPD-Fraktionsvorsitzender und ehemalige Rotenburger Bürgermeister, Manfred Fehr, hält die Doppelstruktur des Gesundheitsstandortes für nicht mehr finanzierbar. Es gehe nun um die bestmögliche Gesundheitsversorgung im Landkreis.Kaya Kinkel (Grüne) hält es für richtig, Kräfte zu bündeln, bemängelt aber die "desaströse Informationspolitik". Bernd Böhle (FDP) kritisiert derweil scharf das seiner Meinung nach "desolate Kommunikations- und Krisenmanagement von Landrat Dr. Michael Koch (CDU) seit dem überstürzten Kauf" des einst privaten Herz-Kreislauf-Zentrums (HKZ) in Rotenburg an der Fulda im Dezember 2015. Er spricht in diesem Zusammenhang von einer "Spaltung des Landkreises". "Warum wird nicht nach Alternativen gesucht?", bekräftig der FDP-Fraktionschef. "Es geht darum, eine tragbare und bezahlbare Lösung zu finden."
Laut Peter Fricke (AfD) gebe es "nur eine betriebswirtschaftliche Entscheidung": Lediglich die Grundversorgung müsse sichergestellt werden und das HKZ in Rotenburg und die Orthopädie in Bad Hersfeld verkauft werden. Das Klinikum in Bad Hersfeld und das Kreiskrankenhaus in Rotenburg müssten genügen. (Stefanie Harth / Kevin Kunze) +++