Den Geist von Imshausen spüren

Stiftung Adam von Trott eröffnet umgebaute Tagungshäuser mit einem Festakt

Das Herzstück des Ensembles bildet weiterhin das 1791 erbaute Herrenhaus, das durch den Umbau nur unwesentlich verändert wurde.
Fotos: Gudrun Schmidl

13.09.2020 / BEBRA - Ein wunderschöner Spätsommertag ermöglichte der Festgesellschaft einen angenehmen Aufenthalt auf der neu gebauten Terrasse im Trottenpark mit Kaffee und Kuchen, anregenden Gesprächen und geschätzten Begegnungen, bevor der  Festakt zur offiziellen Eröffnung der umgebauten Tagungshäuser im angebauten Pavillon mit der Rede von Dorothee Engelhard aus Berlin, Vorsitzende der Stiftung Adam von Trott, begann. Nach rund drei Jahren Bauzeit ist der Umbau der beiden Seitenflügel des denkmalgeschützten Ensembles abgeschlossen, das von der Stiftung Adam von Trott als Tagungszentrum und Erinnerungsort genutzt wird. Die Planung und Koordination des Umbaus lag in den Händen des Eisenacher Architekturbüros von Trott zu Solz, die Bauleitung hatte der Architekt Florian Hönig aus Kaufungen. Trotz der Erschwernisse durch die Corona-Pandemie konnten die Bauarbeiten weitergeführt und mit nur dreimonatigem Verzug abgeschlossen werden. Die beteiligten Bau- und Handwerksfirmen kamen größtenteils aus dem näheren Umland. 

54 Betten in insgesamt 34 Ein- und Zweibettzimmern stehen für Gäste zur Verfügung, allesamt praktisch, aber stilsicher und geschmackvoll eingerichtet. Die gesamte Inneneinrichtung, die der besonderen Atmosphäre und dem "Geist von Imshausen" mehr als gerecht wird, wurde im Wesentlichen von Sibylle Kopf aus Solz geplant. Gruppen- und Seminarräume für große und kleinere Veranstaltungen auch im kulturellen Bereich und ein Speisesaal für bis zu 60 Personen eröffnen der Stiftung Adam-von-Trott exzellente neue Möglichkeiten für ihre inhaltliche Arbeit und für die Gästeversorgung, betont Dorothee Engelhard.

Der Umbau sowie eine Kooperation mit der Georg-August-Universität Göttingen werden seit 2017 durch die Beauftragte für Kultur und Medien gefördert. Mittel aus dem EU-Programm Leader und aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds zur Entwicklung des ländlichen Raumes (Eler) flossen in den Bau des Parkplatzes mit 28 Stellplätzen und die Einrichtung der Teeküche sowie in die Möblierung der Terrasse, die an diesem besonderen Tag weitere Sitzgelegenheit für die geladenen Gäste  des nicht-öffentlichen Festaktes bot, denen den Corona-Abstandsregeln folgend kein Platz in dem Pavillon angeboten werden konnte.



Neben Schulen und Hochschulen aus der näheren und weiteren Umgebung, Vereinen, kirchlichen Gruppen und Familien will die Stiftung auch Unternehmen gewinnen, die hier ihre Seminare, Klausurtagungen oder Teamtrainings veranstalten können. Angeregt wurde nicht nur die Aufklärung der Schülerinnen und Schüler, sondern auch die wichtige Lehrerbildung, um diese für Unterrichtseinheiten zur Stärkung der Demokratie stark zu machen. Die Räumlichkeiten werden auch vermietet für Veranstaltungen mit eigenen Themen und Inhalten.

Die Adam von Trott Stiftung baut ein Zentrum der Demokratie auf. Der Fokus richtet sich auf das Individuum: Wie entwickeln sich Menschen zu widerständigen Demokraten, die für ihre Werte eintreten, auch wenn diese in Frage gestellt werden? Wie können Menschen dazu ermutigt werden, Zivilcourage zu zeigen und Verantwortung zu übernehmen, wenn die Grundrechte Einzelner oder Gruppen verletzt werden? Diese Fragen waren die Grundlage des von Holk Freytag moderierten Gesprächs mit Unterstützern und Begleitern des Umbaus, zu denen Thomas Oppermann, Vizepräsident des deutschen Bundestag und im Grunde Ideengeber für den Umbau, gehört.

Vor dem Hintergrund zunehmend anti-demokratischer und rechtspopulistischer Tendenzen, der Abkehr von Europa, rechtsextremistischen Übergriffen auf Menschen jüdischen Glaubens, anderen Aussehens oder anderer politischer Überzeugungen gaben Prof. Hiltraud Casper-Hehne, Präsidium der Universität Göttingen, Dr. Alexander Jehn, Direktor der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung, Landrat Dr. Michael Koch, Maria Bering, Ministerialdirektorin der Beauftragten für Kultur und Medien Denkanstöße und erklärten auf Nachfrage, wann ihre Geduld im Hinblick auf Rechts- oder Linksextremisten zu Ende ist. Die beschämenden Bilder von Nazisymbolen, Reichsbürger- und Kaiserreichflaggen vor dem Reichtagsgebäude und das unflätige Benehmen in Gedenkstätten, denen die pöbelnden Besucher die Würde nehmen, standen ganz vorn. Staatsminister Michael Roth, der der Stiftung seit Jahren verbunden ist, ließ sich an diesem Tag entschuldigen.  

Die Festrede hielt Dr. Marek Prawda, Direktor der Europäischen Kommission in Warschau, ehemaliger polnischer Botschafter in Deutschland. Das Thema seiner Rede war: "Deutschland in Europa, vergangene und zukünftige Herausforderungen". Er referierte in fünf Punkten zunächst über den Fall der Mauer und betonte zum Schluss, dass die so erstrebte gemeinsame Identität Europas die nationale Identität, die historisch gewachsen ist, nur ergänzen kann". Der Festakt wurde AuditivVokal Dresden im Freien und im Haus mit neu interpretierten Werken von Carlo Gesualdo di Venosa, Ludwig Senfl, aus dem Glogauer Liederbuch und John Cage herausragend bereichert. Mit einem Angebot kulinarischer Köstlichkeiten und einem regen Gedankenaustausch klang der Festakt aus.  Weitere Informationen unter www.stiftung-adam-von-trott.de.  (gs) +++

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