Gefahrenabwehrverordnung contra Tierwohl
Diesmal ging es glimpflich aus: "Nur" 265 Euro Bußgeld für Taubenfütterung
O|N-Archivbild: Carina Jirsch
03.09.2020 / FULDA - Der Fall der notorischen Taubenfütterin vom Fuldaer Uniplatz hat bereits mehrfach bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Weil die 65-Jährige immer wieder gegen das Verbot der Stadt Fulda verstoßen hat, die Vögel zu füttern, stand sie schon mehrfach vor Gericht. Seit die Stadt die betreffenden Plätze mit Videoüberwachung ausgestattet hat, wurde die Fütterung jeweils dokumentiert und auch jedes Mal zur Anzeige gebracht. Der Teilzeitrentnerin wird vorgeworfen, die Vögel sowohl auf dem Bahnhofsvorplatz als auch am Uniplatz regelmäßig mit Körnerfutter versorgt zu haben, obwohl das die Gefahrenabwehrverordnung der Stadt ausdrücklich untersagt. Immer wieder bekam sie deshalb Bußgeldbescheide, die sich mittlerweile auf eine Summe über 25.000 Euro belaufen. Doch die Fuldaerin ist davon überzeugt, dass die Tauben Hunger leiden und von unsachgemäßem Futter wie Kuchen, Pommes und Essensresten krank werden.
In einem früheren Verfahren hatte der Richter der Angeklagten den Vorschlag gemacht, eine "strafbewehrte Unterlassungserklärung" zu unterschreiben. Darin sollte sie versprechen, das Füttern künftig zu unterlassen, worauf sie sich aber nicht einlassen wollte. Diesmal zeigte sie sich zwar weiter uneinsichtig, was die Maßnahmen der Stadt hinsichtlich der Taubenfüttuerung betraf, hatte sich aber gleichwohl seit fast zwei Jahren an das Verbot gehalten. Ihr Anwalt argumentierte, die Satzung der Stadt verstoße gegen die Ethik, die dem Tierschutz und -wohl verfassungsmäßigen Rang eingeräume. Die Verantwortung gegenüber den Mitgeschöpfen sei Teil unserer Menschlichkeit, der Tierschutz gehöre zur Schutzpflicht des Staates. Das Qualverbot könne nicht durch kommunale Verordnungen ausgehebelt. werden. Seine Mandantin habe immer art- und bedarfgerecht gefüttert und damit quasi Nothilfe für die hungernden Vögel geleistet, argumentierte er.
Oberamtsanwältin Kirsten Diegelmann wies wie die Richterin darauf hin, dass es in den am Dienstag verhandelten Fällen jeweils um Ordnungswidrigkeitsverfahren gehe. "Wir haben hier nicht zu entscheiden, ob das Fütterungsverbot der Stadt verfassungswidrig ist oder nicht. Die Bußgelder sind rechtens und auch in ihrer Höhe gerechtfertigt."
Das letzte Wort in Sachen pro und contra Taubenfütterung ist damit sicher noch nicht gefallen - es bleibt spannend bis zur höchstrichterlichen Entscheidung. (Carla Ihle-Becker)+++
O|N-Archivbild: Julius Böhm