Immer mehr Menschen machen den Jagdschein

Kein Jägerlatein: Ein Tag im Revier mit Jäger Jürgen Schäfer

Revierpächter Jürgen Schäfer zeigt Kameramann Yannik Overberg neu gepflanzte Bäume
Fotos: Miriam Rommel

28.08.2020 / EICHENZELL - Immer mehr Menschen entscheiden sich dazu, den Jagdschein zu machen. Knapp 400.000 Inhaber gibt es zurzeit in Deutschland – Tendenz steigend. Aber, was macht den Reiz überhaupt aus? OSTHESSEN|NEWS hat sich mit dem Lehrgangsleiter des Jagdkurses 2020/2021 der Jagd- und Gebrauchshundevereinigung Rhön- Vogelsberg getroffen. Er hat uns einen Tag lang in seinem Revier bei Eichenzell Rede und Antwort gestanden.



Es ist nicht ganz einfach, die Faszination rund um das Thema Wald und Wild Außenstehenden zu erklären. An vielen Orten stoßen Jäger auf vehemente Ablehnung. Etwas, mit dem auch Lehrgangsleiter Jürgen Schäfer in der Vergangenheit bereits konfrontiert wurde. Zwar ist er selbst noch nicht angegriffen worden, zerstörte Jagdeinrichtungen oder geklaute Hochsitze kennt aber auch er aus seinem Revieralltag. Spätestens, wenn jedoch eine Leiter angesägt wird und Menschenleben damit in Gefahr gebracht werden, hört der Spaß für den Rothemanner endgültig auf.

Die Sache mit der Moral

"Jäger sind schlechte Menschen, ihr tötet alles, was sich bewegt. Außerdem sind Grünröcke fast immer alte Knacker". Vorurteile rund um das Waidwerk gibt es viele, damit aufzuräumen, gestaltet sich als schwierig. Während die Jagd vor 30 Jahren noch als völlig natürlich galt – und eben auch so von der breiten Masse angesehen wurde—hat sich das Bild in der heutigen Zeit gewandelt. Gerade Städter haben zunehmend ein Problem damit, dass Wild in den Wäldern bejagt wird. Ein Paradoxon, denn statistisch gesehen isst rund 92 Prozent der deutschen Bevölkerung Fleisch.

"Mehr Bio als hier gibt es nicht", meint Schäfer und vertritt damit die Meinung der vielen Waidmänner- und frauen, die die Jagd zur Gewinnung vom Nahrungsmittel Wildfleisch nutzen. Schließlich fristen Wildschwein und Reh ihr Dasein- anders als das Nutzvieh- nicht in engen Käfigen, werden weder gemästet noch mit Medikamenten vollgestopft, nur um dann Hunderte Kilometer entfernt zur Schlachtbank geführt zu werden.

Falsche Klischees

Einen Jäger an Alter oder Geschlecht festzumachen, wird immer schwieriger. Mittlerweile sind es gerade jüngere Menschen oder Frauen, die sich für den Jagdschein entscheiden. Die Gründe dafür sind vielfältig: Etwa gelebter Umweltschutz, die Liebe zur Natur und eine Naturverbundenheit oder die Erweiterung des Wissens. Die Jagd bedeutet viel mehr als nur das Schießen. Hege und Pflege des Reviers sowie des Wildes nehmen beispielsweise weit mehr Zeit in Anspruch, zumal der durchschnittliche Waidmann lediglich vier Stück Wild im Jahr erlegt.

Jäger als Naturschützer

Gerade zu Zeiten des Klimawandels ist auf den Beitrag der Jägerschaft kaum zu verzichten. Im Wald werden heranwachsende Bäume geschützt, die ohne Maßnahmen nicht gedeihen könnten. Jäger wie Jürgen Schäfer nutzen dafür Umzäunungen oder spezielle Materialien zum Anstreichen von Fichten und Co, um diese vor Wildverbiss zu schützen. Der Politik ist das jedoch zu wenig. Auch wenn ein Großteil der Jäger gegen die Erhöhung der Abschusszahlen sind, hat Umweltministerin Priska Hinz erst im April 2020 entschieden, Schalenwild stärker zu bejagen. Warum die Politikerin kein Verständnis für die vielen Waidmänner und -frauen hat, die ihre Entscheidung kritisieren, erklärt sie morgen in unserem Videobeitrag. (mr) +++

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