Wenn eine Absage die nächste jagt

"Es geht ans Eingemachte": Schausteller Robert Römer sieht schwarz

Seit über 30 Jahren auf dem Bad Hersfelder Lullusfest vertreten: Die diesjährige Absage trifft die Mandelbrennerei Römer knallhart.
Archivfotos: O|N / Gudrun Schmidl

30.07.2020 / BAD HERSFELD - "Halten Sie durch!": Diesen Satz kann Robert Römer nicht mehr hören. Der Schausteller aus dem Bad Hersfelder Stadtteil Asbach, der gemeinsam mit seiner Frau Gabi eine Mandelbrennerei betreibt, ist frustriert. "Wir stehen seit Jahresbeginn quasi ohne Einnahmen da", sagt der 54-Jährige, der für 2020 mit einem Umsatzausfall von mindestens 90 Prozent rechnet. "Das letzte Mal waren wir, abgesehen von kleinen Wochenmärkten und unserer Präsenz in der hiesigen Fußgängerzone, 2019 auf dem Weihnachtsmarkt im mittelhessischen Kirchhain vertreten."



Dass das Bad Hersfelder Lullusfest abgesagt worden ist, überrascht Familie Römer, die seit mehr als 30 Jahren als Lokalmatador den Lolls-Besuchern das Leben versüßt, nicht: "Das war uns klar und ist eine ganz bittere Nummer." Immerhin sei Deutschlands ältestes Volksfest die umsatzstärkste Veranstaltung des ganzen Jahres.

"Es wird für uns verdammt eng"

Die Corona-Krise trifft die Schaustellerbranche mit besonderer Härte. "Es geht ans Eingemachte", berichtet Robert Römer. "Bei vielen Kollegen spielen sich regelrechte Dramen ab." Für die Weihnachtsmärkte sieht der Schausteller schwarz. "Dieses Jahr können wir nichts mehr aufholen", meint er. "Ich habe aber noch mehr Angst vor dem nächsten Jahr. Wenn es dann auch nur Absagen hagelt, wird es für uns verdammt eng."

Als "Mogelpackung" bezeichnet Römer die von Bund und Land geschnürten Rettungspakete und Überbrückungshilfen. "Das Geld reicht für viele Betriebe nicht aus – wenn sie überhaupt eine Finanzspritze bekommen." Seiner Meinung nach habe die Schaustellerbranche in der Politik keine Lobby.

Nach Beendigung des Lockdowns seien sämtliche Wirtschaftszweige angekurbelt worden. "Alles öffnet sich um uns herum, aber ein Krammarkt darf nicht sein. Fliegen dürfen wir, aber für Herbst- und Weihnachtsmärkte ist das Risiko zu groß. Wir kommen uns verarscht vor", mokiert sich der Bad Hersfelder. Wenn nicht schleunigst etwas passiere, seien die Reserven aufgebraucht und die Schaustellerbranche sei dem Ende nah. (Stefanie Harth) +++

X