Pontifikalamt zum Gedenken im Dom

Verehrt und bekämpft: Gestern vor 20 Jahren starb Bischof Johannes Dyba

Im Weinberg des Herrn: Erzbischof Dyba wenige Wochen vor seinem Tod im Garten des Fuldaer Bischofshaus
Fotos: O|N-Archiv

24.07.2020 / FULDA - "Als Dr. Dr. Johannes Dyba (1929-2000) im Jahr 1983 Bischof von Fulda wurde, war er bereits als ironisch-bissiger Kirchen-Fundi europaweit bekannt", schrieb der "Spiegel" im Juli 2000. "Diese Linie – es gilt nur das päpstliche Wort – behielt er konsequent bei. Mit griffigen Sprüchen machte der gebürtige Berliner alles nieder, was in Deutschland altbackener katholischer Theologie und Moral widersprach: Abtreibung und Beratungsschein, Gays und Grüne, kritische Theologen und zögerliche Bischöfe, selbstbewusste Laien und jeglichen Demokratieversuch der Kirche." Gestern vor 20 Jahren starb Johannes Dyba im Schlaf an plötzlichem Herzversagen. Am Donnerstagmorgen fand an seinem Grab in der Johannes-Kapelle des Hohen Doms zu Fulda ein Pontifikalamt mit Bischof Dr. Michael Gerber statt, um seiner zu gedenken.



Die Nachricht von seinem Tod schlug damals bundesweit ein wie eine Bombe. Kein anderes Mitglied der Katholischen Bischofskonferenz polarisierte so sehr wie Dyba. Entweder man hasste oder man liebte ihn. Dazwischen gab es nichts. Zitate wie "So ist vielleicht auch der Ausbruch von Aids ein Zeichen dafür, dass Gott den Menschen unserer Tage in seiner Verwirrung nicht aufgibt, sondern ihn auf dramatische Weise zurückruft zur Würde der Liebe" oder "Vor 20 Jahren waren nur Geistesgestörte der Ansicht, Gleichgeschlechtliche könnten eine Familie bilden" machten ihn angreifbar. Dyba selbst konterte: "Die Märtyrer starben nicht, weil sie so beliebt waren."

Seine Vita im Zeitraffer: Johannes Dyba wird am 15. September 1929 in Berlin geboren. Jurastudium in Bamberg und Heidelberg. Mit 26 Jahren entschließt sich Dyba Priester zu werden. Priesterweihe 1959 im Kölner Dom. Von 1960 bis 1983 ist Dyba als Diplomat für den Heiligen Stuhl im Ausland tätig, bis er 1983 als Nachfolger von Eduard Schick Bischof von Fulda wird.

5.000 Menschen kamen am 28. Juli 2000 zu seiner Beisetzung. "Der plötzliche Tod von Erzbischof Dr. Dr. Johannes Dyba hat mich sehr bestürzt. Sein Verlust reißt ein tiefes Loch in die Deutsche Bischofskonferenz und macht sie ärmer", sagte Bischof Dr. Karl Lehmann damals. "Er leistete aus tiefer Überzeugung immer wieder einen leidenschaftlichen Einsatz für ein entschiedenes Christsein und eine unzweideutige Kirchlichkeit. Auch wenn wir manchmal mit ihm darüber stritten, haben uns seine Menschlichkeit und sein Humor geholfen, versöhnlich im Geist unseres Glaubens zusammenzuwirken."

Auf der Homepage des Bistums schreibt Cornelius Roth, ein Neffe von Johannes Dyba und Professor für Liturgiewissenschaft und Spiritualität an der Theologischen Fakultät Fulda: "Heute – 20 Jahre danach – hat die Kirche einen nicht für möglich gehaltenen Missbrauchsskandal hinter sich und gerät gesellschaftlich in immer größere Bedeutungslosigkeit. Die Corona-Pandemie hat sie in zusätzliche Unsicherheit gestürzt – finanziell und vom Selbstverständnis her. Was können wir da von einem Bischof lernen, der wie kaum ein anderer im deutschen Episkopat eine klare Sicht auf die Dinge hatte und auch klare Worte nicht scheute? Der aber darüber hinaus auch menschenzugewandt war und sich immer Zeit für diejenigen nahm, die ihn brauchten?

Man kann sich vorstellen, was Erzbischof Dyba zum Synodalen Weg und anderen Entwicklungen in der momentanen Kirche gesagt hätte. Aber darum soll es hier nicht gehen. Vielmehr tut vielleicht gerade heute, wo die Unsicherheiten in der Kirche zunehmen, ein Blick auf das Wesentliche unseres Glaubens gut, den er wie kaum ein anderer hatte. ,Mensch, werde wesentlich.‘ Dieses Wort von Angelus Silesius war dementsprechend auch eines seiner Lieblingsworte in den letzten Jahren." (mw) +++

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