Hessens DLRG-Präsident Hohmann bei O|N

Gefahr wird unterschätzt: "Wir befürchten einen Anstieg tödlicher Badeunfälle"

Michael Hohmann, Präsident des DLRG Landesverbands Hessen, bezieht am Pfordter See Stellung zur aktuellen Lage.
Fotos: Jonas Wenzel (Yowe)

22.07.2020 / SCHLITZ - In den vergangenen Wochen haben viele Badeunfälle die Öffentlichkeit beunruhigt. Grund dafür sind unter anderem die durch die Corona-Pandemie entstandenen Umstände der vergangenen Monate: geschlossene Schwimmbäder und die dadurch fehlende Schwimmpraxis stellen die Schwimmer, aber vor allem die Deutsche-Lebens-Rettungsgesellschaft (DLRG) vor große Herausforderungen. Michael Hohmann ist Präsident der DLRG in Hessen. Er bezieht im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS Stellung zur aktuellen Lage.



"Wir befürchten in diesem Jahr einen größeren Anstieg an Badeunfällen, die tödlich ausgehen. Das haben wir in den letzten Tagen leider erleben müssen, an Badeseen, am Main und am Rhein. Corona wird voraussichtlich wegen der Schließung der Schwimmbäder zu mehr Badetoten führen. Zum einen können die Menschen seit März nicht mehr trainieren und sind somit ungeübt. Zum anderen suchen die Leute aufgrund der geschlossenen Schwimmbäder ihre Erholung am Wasser und nutzen unbewachte Badestellen", erklärt Michael Hohmann.

Unbewachte Badestellen haben den großen Nachteil, dass hier keine schnelle Hilfeleistung möglich ist. Aus diesem Grund hat es sich der DLRG Landesverband Hessen gemeinsam mit der Björn-Steiger-Stiftung zur Aufgabe gemacht, 25 neue Notrufsäulen an hessischen Badestellen zu installieren. Diese senden im Notfall einen Notruf inklusive GPS-Signal. In Osthessen findet man eine dieser Säulen in Bebra, eine weitere soll in Kürze am Guckaisee aufgestellt werden.

Die vielen Badeunfälle der vergangenen Wochen zeigen, wie wichtig die Arbeit der DLRG ist. "Es ist eine großartige Sache, Teil eines solchen Teams zu sein und Menschen, die in Gefahr geraten zu retten. Es ist aber auch toll, den kleinen Kindern das Schwimmen beizubringen", so der Präsident. Dennoch sei es nicht immer leicht, Retter zu sein: "Für unsere Ehrenamtlichen ist es im Moment der Rettung natürlich ein hervorragendes Gefühl. Oft erleben sie aber auch schlimme Situationen, in denen zum Beispiel nicht mehr gerettet werden kann. Wir achten sehr genau darauf, dass den Rettern geholfen wird, sollte es ihnen nach solchen Erlebnissen nicht gut gehen".

Gefahrenquelle Badesee


Die Statistik zeigt, dass vor allem Badeseen besondere Gefahren und Tücken mit sich bringen. "Hier treffen viele Faktoren aufeinander. Im Badesee ist die Entfernung zum Ufer viel länger und es herrschen unterschiedliche Wassertemperaturen", erläutert Hohmann. Zudem seien häufig weniger Menschen anwesend, die in einem Notfall Hilfe leisten könnten. Eine besonders große Gefahrenquelle seien aber die durch die Zu- und Abläufe der Seen entstehenden Strömungen: "Da die Wasseroberfläche oft glatt ist, unterschätzen die Schwimmer die starken Strömungen, die unter Wasser herrschen".

Für sicheren Badespaß empfiehlt der DLRG Präsident, folgende Grundregeln einzuhalten. Man solle niemals alleine baden gehen, sondern immer sicherstellen, dass jemand am Ufer acht gibt. Besonders wichtig sei es hier, auf Kinder aufzupassen. "Eltern sollten ihre Kinder aufmerksam beim Baden beobachten und auch mal das Handy zur Seite legen", rät Hohmann. Tritt der Notfall ein, sei es wichtig, Hilfe zu holen und sich keinesfalls selbst in Gefahr zu begeben. Am besten solle man dem Ertrinkenden schwimmende Gegenstände, wie eine Luftmatratze oder einen Ball zuwerfen, um ihm so zu helfen. Baden mit Bedacht – so lautet die Devise. (Michelle Kedmenec) +++

X