Revival im gewollten Quarantäne-Modus

Willkommen zurück, Autokino! - Jetzt auch im Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Leonie und Ulrike Göbel haben sich aus dem Haunetal auf den Weg nach Rotenburg an der Fulda gemacht.
Fotos: Gudrun Schmidl

17.05.2020 / ROTENBURG/F. - In Zeiten von Corona feiert ein so gut wie in Vergessenheit geratenes Relikt der Eventwelt der 1950er- und 1960er-Jahre ein Revival im gewollten Quarantäne-Modus. Das Autokino, zunächst in den USA populär, mauserte sich zu Begegnungsstätten, sozialen Happenings und besonderen Ausflugszielen, an denen gemeinsam jung bis alt, ob Popper oder Rocker, Pärchen oder Clique unter dem Sternenhimmel dem Alltag entfliehen konnten. Synonym für eine greifbare vibrierende Stimmung im Petticoat verpackt, ein Erinnern an den ersten Kuss, Freiheit, Jugend, Cola, Popcorn, Hot Dog, Straßenkreuzer und Pick-ups. Klischee eines amerikanischen Lifestyles. Die Begeisterung für Autokinos schwappte über den Atlantik auch nach Deutschland rüber.



Im Hier und Jetzt haben gesellige Filmabende, ob familiärer, freundschaftlicher oder romantischer Natur, mit Netflix und Co. auf dem heimischen Sofa gängige Praxis erlangt. Seit gestern heißt es auch im Landkreis Hersfeld-Rotenburg: „Runter vom Sofa. Wir fahren ins Kino“. In der jetzigen Corona-Krise sind in der Eventbranche schöne Momente und Erlebnisse sehr eingeschränkt oder gar nicht möglich. Die Eventsparte der VR-Immobilien & Service GmbH und auch die Sportagentur Speed mit Inhaberin Heide Aust an der Spitze haben tatsächlich unabhängig voneinander überlegt, wie sie den Menschen in der Region ein Stück Kultur zurückgeben können. Heraus kam der gemeinsam geplante und aufwändig organisierte „Autokino-Sommer“.  

Zum Auftakt bietet das Festplatzgelände in Rotenburg an der Fulda beste Voraussetzungen für ein derartiges Event. Hier präsentiert der Verein Gemeinsam in Rotenburg e.V. in Zusammenarbeit mit der Stadt Rotenburg, vertreten durch die MER, von Donnerstag bis Samstag sechs Filme. Die Organisation rund um die einzelnen Filmvorführungen haben Profis übernommen und wirklich alles klappt reibungslos, den auferlegten Corona-Auflagen genügend. Dabei darf nicht vergessen werden, was im Vorfeld alles durchdacht werden musste. Man kämpfte sich durch die bestehende Komplexität der Lizenzvergabe für Filmrechte, Richtlinien für Verkaufssysteme und Vertragskarten-Druckereien, beantragte den Open Air-Status für die geplanten Standorte und eine UKW-Frequenz, die von der Bundesnetzagentur eigens für jeden Vorstellungsstandort angelegt wird, damit das Tonsignal dann im Auto der Kinobesucher ankommt mit dem großen Vorteil, die Lautstärke selbst regulieren zu können. Es funktioniert bestens, bis auf den Zwischenruf vom Verkehrsfunk, der ein Wildschwein auf der A 4 meldet.  

Am späten Freitagnachmittag wurde die „Eiskönigin II“ gezeigt. Die zur Verfügung stehenden 72 Parkplätze waren allesamt besetzt. Der Film lockte natürlich viele kleine „Elsa und Anna-Fans“ im Beisein ihrer Eltern und Geschwister ins „Autokino“. Alle machten es sich im Auto gemütlich, auf dem Schoß von Mama oder allein auf dem Vordersitz thronend. Nicht nur die kleinen Kinobesucher, auch die Großen wissen den Vorteil des geschützten Raums zu schätzen. Niemand schaut schräg, wenn man mit der Chipstüte knistert, rümpft die Nase, weil wir vor dem Kinobesuch Gyros gegessen haben oder schreckt hoch, wenn in Corona-Zeiten jemand hustet, weil das Popcorn im Hals kratzt. Niemand stört sich daran, wenn man einschläft und schnarcht, schief mitsingt oder den Film lauthals kommentiert.  Noch ein Vorteil: Im Auto muss niemand Mund-Nasenschutz tragen.

Zwei ausreichend große mobile LED-Videowände wurden postiert, die den abendlichen und nächtlichen Filmgenuss garantieren, aber nachmittags mit der Strahlkraft der Sonne nicht mithalten können. Einige Szenen waren so dunkel, dass die eigene Fantasie gefragt war. Vielleicht kann für die nächsten Nachmittagsvorstellungen eine Lösung gefunden werden, dann ist das Filmerlebnis perfekt, wenn das Autokino am kommenden Wochenende in Rotenburg in die zweite Runde geht und dann im Wechsel auch in Bebra und Bad Hersfeld Station macht. Das besondere Kinoerlebnis kann den amerikanischen Lifestyle nicht zurückholen, aber mit gezeigten Klassikern aus dieser Zeit daran erinnern. Bestens ausgewählte Film-Highlights bieten in den kommenden Wochen den Waldhessen eine willkommene Abwechslung. Weitere Informationen und Online-Tickets unter: www.sportagentur-speed.de. (Gudrun Schmidl) +++

 

 

 

 

 

 



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