Zündstoff wegen Kalksteinbruch
Bebraer Parlamentarier im Corona-Modus verbauen Wege und Handlungsfreiheit
Fotos: Gudrun Schmidl
16.05.2020 / BEBRA -
Dem Corona-Shutdown geschuldet mussten die Parlamentarier der Biberstadt die Märzsitzung ausfallen lassen. Am Donnerstag begrüßte Stadtverordnetenvorsteher Herbert Börner nun alle Anwesenden zur 29. Stadtverordnetenversammlung im Lokschuppen, der alle Voraussetzungen für die gebotenen Hygiene- und Abstandsregeln bietet. Auf der üppigen Tagesordnung standen allein drei Grundstückskäufe, über die abgestimmt wurde. Gut sichtbare orange Karten lagen auf den Tischen für die Abgeordneten zur Abstimmung bereit.
Bürgermeister Stefan Knoche sprach sich klar und deutlich für den Erwerb einer Fläche im Industriegebiet Nord mit einer Gesamtgröße von rund 31.100 Quadratmetern aus, die für einen Kaufpreis von 587.790 Euro erworben werden könnte. Damit würden sämtliche Gewerbegrundstücke nördlich der Justus-Liebig-Straße zwischen der Bundesstraße 27 und dem Hilti-Neubau der Stadt gehören und könnten Investoren angeboten werden. „Eine Investition in die Zukunft, die wir eigenständig steuern können“, betont Knoche, der an diesem Abend nicht über Geld reden wollte, aber andeutete, dass Nachzahlungen von zwei Unternehmen im siebenstelligen und im sechsstelligen Bereich für finanziellen Handlungsspielraum sorgen. Knoche betonte, dass im Eigentum der Stadt nur noch 12.000 Quadratmeter freie Gewerbefläche zur Verfügung stehen.
SPD-Fraktionschef Gerhard Schneider-Rose versicherte, dass seine Fraktion im Januar der Vorlage für den Kauf zugestimmt hätte, in Zeiten von Corona hält die SPD es allerdings für opportun, den Erwerb zurückzustellen. Die Kosten seien nicht unerheblich und die Bewältigung der Corona-Krise kündige sich bereits als Kraftakt an. „Es ist eine Fläche, die wir nicht unbedingt brauchen und es ist nicht erkennbar, dass die Investoren Schlange stehen“, erläutert Schneider-Rose. Obwohl die Mehrheit der Ausschussmitglieder den Stadtverordneten die Zustimmung empfahl, wurde der Erwerb mit 18 Nein-Stimmen bei 15-Ja-Stimmen und drei Enthaltungen abgelehnt. Thorsten Strippel von der CDU-Fraktion reagiert fassungslos.
Für Zündstoff im Stadtparlament war gesorgt, denn die Bebraer Firma Beisheim will den Kalksteinbruch bei Gilfershausen erweitern, über 30 Jahre könnten dort 3,6 Millionen Tonnen abgebaut werden. Das Projekt stößt auf Widerstand seitens der Bewohner der anliegenden Ortschaften Gilfershausen, Braunhausen, Imshausen, Asmushausen und Solz, die eine Abfuhr des Materials fordern, ohne die betroffenen Stadtteile zu durchfahren. Inzwischen hat das Unternehmen eine neue Zufahrts-Variante vorgelegt. Sie führt vom Kalksteinbruch über Wirtschafts- und Waldwege der Stadt direkt zur B 27 unterhalb von Asmushausen.
Die SPD-Fraktion sieht das anders. Sie hält es für erforderlich, dass die Stadtverordneten den Verkauf der Flächen nicht bedingungslos frei geben und fordern unter anderem eine funktionale Verwallung und Einhausung mit Anpflanzungen am Rand des Abbaubereiches und entlang der Zuwegung zur Kreisstraße, außerdem eine Garantie, dass der Weg zur B 27 der zwingend zu nutzende Weg für die An- und Abfahrt zum Steinbruch ist. Die SPD-Fraktion fordert eine Zurückverweisung in die Ausschüsse. Der Antrag wurde mit 20 Ja-Stimmen bei 15 Nein-Stimmen und einer Enthaltung angenommen.Damit wurde der Stadt Bebra das Heft des Handelns aus der Hand genommen. Wenn das Verfahren „grünes Licht“ erhält, der RP der Firma Beisheim dann eine Freigabe zur Umsetzung erteilt und es um die Trassenführung geht, haben wir die für alle verträglichste Variante abgelehnt“, bedauert nicht nur Thorsten Strippel auch im Hinblick auf das positive Gespräch zwischen der Ortsvorsteherin Gudrun Gundlach, Ortsvorsteher Jens Mohr, Markus Weber als Geschäftsführer der Firma Beisheim und zwei Vertretern des RP, in dem man sich verständigt hat, in den nächsten Wochen eine bestmöglich geeignete Trasse im seit letztem Mittwoch erweiterten Korridor zu finden. (Gudrun Schmidl) +++