Kalksteinbruch Braunhausen im Fokus

Bürgerinitiative "Lange Hecke" appeliert an die Verantwortung der Gremien

Das Luftbild zeigt das Abbaugebiet
Foto: privat

07.05.2020 / BEBRA - Die Firma Beisheim in Bebra plant, den jetzt außer Betrieb befindlichen Kalksteinbruch in Braunhausen wieder in Betrieb zu nehmen und über einen Zeitraum von 30 Jahren, um das Dreizehnfache zu erweitern. Um das abgebaute Material per LKW abzutransportieren, schlägt die Firma Beisheim eine Routenführung vom Steinbruch am Reitplatz Braunhausen vorbei und über Wirtschaftswege durch den Stadtwald nahe Asmushausen direkt auf die B27 vor (Quelle: Artikel „Vom Bruch direkt zur B27“ veröffentlicht am 4. Mai 2020 in der HNA). Dieser Vorschlag wurde den Ortsbeiräten der betroffenen Stadtteile mit Schreiben vom 21. April durch die Stadt Bebra zur Kenntnis gegeben. Die Ortsbeiräte wurden aufgefordert, dazu bis spätestens zum 5. Mai 2020 Stellungnahmen abzugeben, damit die Bebraer Stadtverordnetenversammlung in ihrer Sitzung am 14. Mai 2020 über den Antrag der Firma Beisheim zur Genehmigung der Wegeführung entscheiden kann. Damit waren die Ortsbeiräte gezwungen, sich unter immensem Zeitdruck in die völlig neue Wegeplanung einzuarbeiten und in ihren jeweiligen Sitzungen dazu eine Entscheidung zu fällen.



Die Initiativgruppe „Lange Hecke“, federführend aktiv sind Jens Mohr aus Braunhausen, Gudrun Gundlach aus Imshausen, Ingo Vater für die Kommunität Imshausen, Pfarrer Tobias Gottesleben für die Zeltlagergemeinschaft und Uwe Hassl aus Bebra, stellt sich ausdrücklich hinter die Entscheidungen der Ortsbeiräte von Braunhausen, Asmushausen und Imshausen, die in ihren Stellungnahmen die Stadtverordnetenversammlung zur Vertagung des Beschlusses auffordern. Mit einem solchen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung wäre voraussichtlich unmittelbar eine vertragliche Festlegung der städtischen Gremien gegenüber Fa. Beisheim verbunden und die Stadt Bebra würde damit ihre einzige tatsächliche Einflussmöglichkeit – nämlich die über das Wegerecht – preisgeben. Der Ortsbeirat von Braunhausen merkt dazu an, dass eine allgemeine Aussage der Stadt bezüglich der Unterstützung des Antragsstellers durch Genehmigung zur Nutzung der benötigten Wegeparzellen vermutlich zunächst ausreichen würde. Die Stadt Bebra muss zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Wegenutzungsverträge abzuschließen, da noch keine Trassenvariante als belastbar gelten kann. Ein späterer Vertragsabschluss würde beiden Seiten immer noch ausreichenden Verhandlungsspielraum in der Zukunft bieten.

Die Ortsbeiräte begründen diese Forderung damit, dass zum aktuellen Vorschlag für die An- und Abfahrt zum Steinbruch bislang keine ausreichende Information der betroffenen Bürgerinnen und Bürger erfolgt ist. Durch die Kontaktverbote aufgrund der Corona-Pandemie war in den letzten Wochen und wird auch in der nächsten Zeit die Einberufung einer Bürgerversammlung oder einer Bürgerinformation nicht möglich sein. Die Erweiterung des Kalksteinbruches und die Planungen zur An- und Abfahrt berühren die Lebensumstände zahlreicher Bürgerinnen und Bürger in den Ortslagen. Daher ist es immens wichtig, ihre Fragen und Einwänden bereits in der frühen Planungsphase ausreichend zu berücksichtigen. Die Initiativgruppe kritisiert, dass das bisherige Verfahren zur Entwicklung der neuen Wegevariante wenig transparent und partizipationsfreundlich gestaltet wurde und dass auch in der Presse dazu ausschließlich die Argumente des Antragsstellers (Firma Beisheim) und der Stadt Bebra, die immerhin über eine Vergütung für das abgebaute Material direkt von der Erweiterung des Kalksteinbruches profitieren würde, dargelegt wurden.

Die Initiativgruppe unterstützt die Ortsbeiräte auch in ihrer Forderung nach einer Prüfung weiterer Varianten für die Wegeführung und nach Anhörung ihrer Anliegen und Einwände. Vor einer endgültigen Festlegung der Routen und vor der Bestimmung einzelner Wegparzellen für die An- und Abfahrt zum Steinbruch muss ein tragfähiges, und nachvollziehbares Konzept für die Zuwegung vorliegen. Dabei müssen die Belange der Anlieger insbesondere in Bezug auf den Schutz vor Staub, Lärm und Abgasen sowie vor vermeidbarer Beeinträchtigung der Lebensqualität berücksichtigt werden. Auch die Belange des Naturschutzes und des Tourismus müssen – spätestens für die Prüfung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz – eine wesentliche Rolle spielen.

Die BI kritisiert auch den schwer nachvollziehbaren Umgang der Firma Beisheim und der Behörden mit den geplanten Abbaumengen. Im Pressebericht vom 4. Mai 2020 wird die voraussichtlich zu fördernde Menge mit rund 3,6 Mio. Tonnen angegeben. Die in den Scooping-Unterlagen angeführten abbauwürdigen Mengen belaufen sich jedoch auf rund 7,683 Mio. Tonnen. Daher wird auch in Bezug auf die Abbaumenge eine belastbare und transparente Information der Bürger gefordert, weil die Abbaumenge sich direkt auf die Umwelt und das Leben der Bürgerinnen und Bürger auswirkt.

Die derzeitigen Planungen würden vor allem die Menschen im Ortsteil Braunhausen betreffen, während die anderen Dörfer zumindest im Hinblick auf die An- und Abfahrt durch die neue Wegevariante möglicherweise entlastet würden. Dies bedeutet jedoch aus unserer Sicht nicht, dass die anderen Dörfer (vor allem Imshausen, Gilfershausen und Asmushausen) tatsächlich durch die Erweiterung und Industrialisierung des Abbaues von Kalksteinschotter im geplanten Umfang nicht beeinträchtigt werden. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die jetzt vorgeschlagene „Waldvariante“ im späteren Genehmigungsverfahren scheitern sollte.

Vor allem den Braunhäuser Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den umliegenden Ortschaften wird für eine Dauer von mindestens 30 Jahren eine enorm hohe Last auferlegt. Befürchtet werden unter anderem der Verfall von Grundstücks- und Gebäudepreisen und Erschwernisse beim Zuzug in die betroffenen Ortsteile – dadurch Verschärfung des demographischen Wandels. Darüber hinaus würden bislang getätigte und geplante infrastrukturelle Investitionen zur Verbesserung und Erhaltung der Lebensqualität (zum Teil durch LEADER-Mittel) vor allem im Bereich des Tourismus (unter anderem Verlegung des Bolzplatzes und des Spielplatzes, die Belebung und Umgestaltung des Dorfgemeinschaftshauses, der Quincunx-Wanderweg „Orchideenroute“, die Angebote der Kommunität und der Stiftung Adam von Trott und das jüngste IKEK-Projekt Molkenbornanlage) beeinträchtigt.

Wir fordern die Gremien der Stadt Bebra auf, sich nicht unter Berufung auf die anstehenden Genehmigungsverfahren der Verantwortung für die Gestaltung unseres ländlichen Raumes zu entziehen und die Interessen der betroffenen Dörfer zu vertreten und zu wahren, sondern den Weg für ein transparentes und demokratisch legitimiertes Genehmigungsverfahren offenzuhalten. Dies muss die Möglichkeit zur Beteiligung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger einschließen.  (pm/gs)

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