Gefahrenabwehr und Hessen Forst starten Pilot
Idee zum Schutz des Waldes: Gemeinsame App informiert über Gefahrenlagen

Foto: Landkreis Hersfeld-Rotenburg
24.04.2020 / FRIEDEWALD - Aufmerksam und schnellen Schrittes schreitet die kleine Gruppe durch das Unterholz irgendwo zwischen Ronshausen und Friedewald. Es knirscht unter den Füßen, der Waldboden ist bedeckt von totem Laub und brüchigem Geäst. Nur langsam kämpfen sich kleine Gräser und Gewächse durch den staubtrockenen Untergrund. Die Sonne brennt seit Wochen vom Himmel, ungewöhnlich stark für den Monat April. In den Wäldern des Landkreises herrscht hohe Waldbrandgefahr.
Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass im Seulingswald zwischen Ronshausen und Ludwigsau sechs Hektar Wald in Flammen standen. 400 Einsatzkräfte kämpften Ende April 2019 bis zur Erschöpfung gegen das Feuer, erst am Folgetag war die Situation unter Kontrolle.
Heute kämpfen der Bad Hersfelder Forstamtsleiter Oliver Scholz und der Produktionsleiter des Forstamts Rotenburg, Karl-Heinz Schlott an selber Stelle mit zwei Problemen, wie sie bei einem Vor-Ort-Termin berichten: linkerhand zeigt sich an abgestorbenen und leergefressenen Bäumen das Ausmaß, das der Borkenkäfer in den deutschen Wäldern anrichtet, rechterhand erinnern verkohlte Baumstümpfe an den Waldbrand, der die Einsatzkräfte in Atem hielt. Dennoch sieht man ein Jahr später, wie sich der Wald langsam erholt, neue Bäume wachsen wieder Stück für Stück auf der Brandfläche.
„Wir haben unsere Lehren aus dem Großbrand gezogen“, sagen Hersfeld-Rotenburgs Kreisbrandinspektor (KBI) Marco Kauffunger und der Leiter des Fachdienstes Gefahrenabwehr Thorsten Bloß. „Unsere ohnehin schon vertrauensvolle Zusammenarbeit mit HessenForst wollen wir weiter intensivieren.“ Das Vorhaben stieß dort auf breite Zustimmung. Forstleiter Oliver Scholz sagt: „Mit neuen Wegen werden wir gemeinsam die Arbeitssicherheit im Wald weiter erhöhen.“
Immer wieder ist bei unterschiedlichen Gefahrensituationen in den Waldgebieten des Kreises deutlich geworden, wie unverzichtbar das Fachwissen und die Ortskenntnis der Mitarbeitenden von HessenForst sind. „Wenn HessenForst mit vor Ort war, liefen die Einsätze reibungsloser und wir konnten schneller Erfolge erzielen“, zieht Bloß Bilanz. Gemeinsam mit den Revierförstern konnten Vermisstensuchen gelöst, verunglückte Waldarbeiter geborgen und nicht zuletzt auch Brände gelöscht werden. Marco Kauffunger ergänzt: „Das Wissen der Personen vor Ort über die tagesaktuelle Lage in den Waldgebieten ist von unschätzbarem Wert für uns Einsatzkräfte.“ In diesem Jahr wurden im Landkreis bisher vier Waldbrände gelöscht.
Nun sind die Forstämter und Revierförster mit in den Group Alarm-Verteiler der Einsatzkräfte aufgenommen worden. Bei einer Gefahrenlage im Wald erfolgt eine detaillierte Alarmierung. Per App oder SMS wird genau informiert, an welchem Ort eine Gefahrenlage vorliegt. Die früher genutzte, mitunter träge und nicht immer zuverlässige Telefonkette hat ausgedient. Der Zeitvorteil ist enorm.
Landrat Dr. Michael Koch ist von der Relevanz der Zusammenarbeit überzeugt: „Die Gefahr von Waldbränden ist derzeit omnipräsent. Die Trockenheit der vergangenen Jahre, Stürme und der Borkenkäfer haben unseren Wäldern stark zugesetzt. Wir begegnen der Gefahr jedoch gut vorbereitet.“ An einem allgemein gültigen Einsatzplan für ähnliche Gefahrenlagen wird derzeit noch in letzten Schritten gearbeitet.
„Die für diese Jahreszeit hohen Temperaturen und der intensive Wind verschärfen die Situation. Weil ergiebige Niederschläge vorerst nicht in Sicht sind, ist es hilfreich, die Hilfskräfte und deren Fachwissen vorab schon zu vereinen“, so Koch. Eine gemeinsame Großübung im Wald soll so bald wie möglich stattfinden.
Zusatz-Info: So werden Waldbrände verhindert
Schätzungsweise rund 90 Prozent aller Waldbrände werden durch den Menschen verursacht. Erneut weist der Fachdienst Gefahrenabwehr deshalb auf das allgemeingültige Rauchverbot in den heimischen Wäldern hin. Grillen an öffentlichen Plätzen sowie Lagerfeuer sind derzeit sowieso verboten. Waldbrandgefahr geht ebenfalls von liegen gelassenen Flaschen und Glasscherben aus, insbesondere aber auch von achtlos aus dem Fenster geworfenen Zigarettenkippen. Autofahrer sollten zudem darauf achten, ihre Fahrzeuge richtig und sicher (nur auf vorgesehenen Parkflächen) abzustellen: Durch zum Beispiel erhitzte Katalysatoren können sich Gräser und Laub unterhalb des Autos leicht entzünden.
Wer einen Waldbrand bemerkt, wird gebeten, unverzüglich die Feuerwehr (Notruf 112) zu informieren. Mit der App Hilfe im Waldkönnen Nutzer Rettungskräfte direkt zu einem Notfallort rufen. Installation unter: www.hessen-forst.de/rettungskette-forst. (pm)+++