Bekannt wie ein bunter Hund
Das Gesicht der Staatsanwaltschaft Fulda: Harry Wilke geht in Ruhestand
Fotos:ON
17.04.2020 / FULDA -
"Sie kenn ich doch aus dem Fernsehen", hört der 65-Jährige häufig - ob beim Essen im Lokal oder an der Supermarktkasse. Die wenigsten erleben ihn in der Robe als Vertreter der Strafverfolgungsbehörde - bekannter ist sein medialer Auftritt. Unzählige Male hat er schon sein Gesicht in die Kamera gehalten und zum Glück in wenig verklausulierter Sprache erläutert, welche Straftat einem von der Polizei verhaftetem Delinquenten vorgeworfen wird. Zwar hat sich Wilke dabei nie hinter juristischen Spitzfindigkeiten versteckt, war aber immer streng an die gesetzlichen Spielregeln gebunden. Umso wertvoller für die vielen Journalisten, mit denen er täglich umgehen musste, dass der Pressesprecher komplizierte Sachverhalte auf das für juristische Laien verständliche Maß herunterbrechen konnte. Nachhilfe in Gesetzesauslegung und gültiger Rechtsprechung kam auch dem juristischen Nachwuchs zugute: von Harry Wilkes profunder Berufserfahrung und seinem hervorragenden Gedächtnis haben viele Referendarinnen und Referendare profitiert. "Seine Tür stand uns immer offen", sagt seine designierte Nachfolgerin Dr. Christine Seban, die nicht nur fachlich viel von ihm gelernt hat.
Spektakuläre Fälle bleiben im Gedächtnis
Auch im eher friedlichen Fulda hat es aufsehenerregende Fälle und grausame Kapitalverbrechen gegeben. Für den scheidenden Staatsanwalt ist die Erinnerung an einen besonders spektakulären Mord noch nach fast 30 Jahren ganz gegenwärtig. Kurz nach seinem Amtsantritt in Fulda sah er sich damit konfrontiert, dass ein eifersüchtiger US-Soldat den abgetrennten Kopf seines Nebenbuhlers auf den Krankenhausnachttisch seiner Ehefrau platziert hatte. Auch der so genannte Radarmord, bei dem ein Berufskraftfahrer 2.000 einen Polizisten an der A 4 erschossen hatte, weil er glaubte, geblitzt worden zu sein, sorgte für bundesweite Schlagzeilen. Persönlich berührt habe ihn auch der sinnlose Tod eines jungen Paares, das in den frühen Morgenstunden zum 1. Januar 2006 auf der Fuldaer Von-Schildeck-Straße von einem betrunkenen 19-Jährigen überfahren und tödlich verletzt worden war. "Es war tragisch: das Zeitfenster des Tatgeschehens betrug nur wenige Sekunden", erinnert
Obwohl Harry Wilke mit seiner Frau Ulrike sehr idyllisch am Ortsrand einer kleinen Rhöngemeinde wohnt, ist er in der gehobenen Gastronomie der Domstadt ein gern und oft gesehener Gast. "Harry ist ein echter Genussmensch - er liebt gutes Essen, guten Wein und auch Schokolade", sagt seine Frau. Das Motto des versierten Hobbykochs sei "Schmeckt nicht, gibt´s nicht!" Weil er als Student nicht immer nur Spaghetti essen wollte, habe er ein erfolgreiches Fern(seh)studium bei Starkoch Tim Mälzer absolviert. In einem seiner Stammlokale bekochte er vor einigen Jahren eine große Gästeschar sogar mit einem veritablen Fünf-Gänge-Menü von Vitello Tonato über Kürbiscremesuppe, Risotto mit Rotbarbe, gefüllten Kalbsröllchen auf Mangold bis zur Crème brûlée. Dem passionierten Motorrad- und Fahrradfahrer, den es auch gern in die Ferne zieht, wird es im Ruhestand bestimmt nicht langweilig werden: dafür wünscht ihm das Team von O|N alles erdenklich Gute! (Carla Ihle-Becker)+++