"Vernichtungsfeldzug gegen das Schalenwild"

Rehbraten statt leere Supermarktregale: Hessenforst zur Schonzeitverkürzung

Die von Umweltministerin Priska Hinz beschlossene Schonzeitverkürzung für Schalenwild erhitzt aktuell die Gemüter
Symbolbilder: Pixabay

09.04.2020 / REGION - „Jagdzeitänderung schafft Alternative bei leergehamsterten Supermarktregalen“ – Wer die Überschrift einer aktuellen Pressemitteilung von Hessenforst liest, könnte irritiert sein. Der Landesbetrieb, der den hessischen Wald bewirtschaftet, möchte damit die von Umweltministerin Priska Hinz (Bündnis 90/ die Grüne) verkürzte Schonzeitregelung für Schalenwild, die in breiten Teilen der Jägerschaft auf Ablehnung stößt, unterstützen.



Statt traditionellem Osterbraten frischer Rehrücken: „Bisher durften die Tiere ab 1. Mai bejagt werden. Neuerdings beginnt ihre Jagdzeit am 1. April. Das bietet für den Verbraucher die Möglichkeit, vielleicht schon Ostern frisches Wild zu genießen“, argumentiert Hessenforst. Wildfleisch, so meinen die dem Staat und somit auch der Umweltministerin Unterstellten, eigne sich außerdem hervorragend zum Grillen.

Hessenforst und auch die grüne Umweltministerin wollen Wald und Bäume schützen, auch, um wirtschaftliche Belange zu sichern. Aus diesem Grund allerdings sämtliches wiederkäuendes Schalenwild einer zehnmonatigen Bejagungszeit auszusetzen, sehen die meisten Jäger kritisch. Der Landesjagdverband Hessen spricht in diesem Zusammenhang sogar von einem „Vernichtungsfeldzug gegen das Schalenwild“. Der befürchtete Wald ohne Wild, meinen die Waidmänner- und frauen, gelte es unbedingt zu verhindern.  

Auf den eigentlichen Grund, warum das Land Hessen ab sofort bereits vier Wochen früher erlaubt, Rehböcke, Schmalrehe, Rot-, Dam,- Sika- und Muffelschmalwild zu schießen, geht Hessenforst nur spärlich ein. Man wolle in diesem Jahr hunderte Hektar mit rund vier Millionen Pflanzen verschiedener Baumarten aufforsten. „Die Knospen und frischen Triebe dieser Pflanzen stellen auf den kahlen Flächen Leckerbissen für Pflanzenfresser dar.“ Nicht alle gesetzten Bäume würden gegen Wild geschützt. „Zäune bauen wir vorwiegend dort, wo Eichen aufgeforstet werden“, erklärt Michael Gerst, Leiter des Landesbetriebes. „Zur artenreichen Wiederbewaldung muss an nicht umzäunten Verjüngungsflächen besonders intensiv gejagt werden.“

Besonders gut ginge das zu dieser Jahreszeit. „Das Wild ist in den nächsten Wochen sehr aktiv und wir können so die gerade frisch gepflanzten Bäumchen besser schützen“, meint Gerst. Auf das Argument aus der Jägerschaft, dass allerdings gerade jetzt das Risiko eines Fehlabschusses viel zu hoch sei, geht der Leiter nicht ein. Tragende Ricken könnten mit einem Schmaltier verwechselt werden, mit einem Schuss so gleich zwei Tiere erlegt werden. Der Landesjagdverband Hessen und seine Mitglieder lehnen die Schonzeitverkürzung auch aus diesem Grund kategorisch ab (OSTHESSEN|NEWS berichtete).

Was genau die Corona-Krise und leergehamsterte Supermarktregale mit der beschnittenen Schonzeit für Schalenwild zu tun hat, mag sich erstmal nur den staatlichen Institutionen und Untergebenen erschließen. Hessenforst zumindest argumentiert: „Wildschäden im Wald gehören zu den beeinflussbaren Faktoren. Auf die Witterung, die Folgen des Kontaktverbotes und andere Auswirkungen der Virus- Pandemie haben Forstleute keinen Einfluss“, sagt Landesbetriebsleiter Gerst. „Allerdings tun wir alles, um Risikofaktoren für junge Bäumchen, die zum klimastabilen Mischwald von morgen heranwachsen sollen, so gering wie möglich zu halten.“  (mr) +++

Statt traditionellem Osterbraten lieber frisches Wild - das schlägt zumindest Hessenforst vor

Ende April und im Mai werden die Kitze gesetzt

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